Land drosselt Heizungen in Büros und Dienststellen
Der öffentliche Dienst in Thüringen soll in den kommenden Monaten kräftig Energie sparen. Büro- und Diensträume dürften höchstens auf 19 Grad geheizt werden - für maximal zehn Stunden am Tag. Das beschloss die Landesregierung am Dienstag bei ihrer Klausur auf Schloss Ettersburg bei Weimar. Sie folge damit Entscheidungen der Bundesregierung, sagte Energieministerin Anja Siegesmund. Ziel sei, den Energieverbrauch der Thüringer Landesverwaltung um mindestens 15 Prozent zu verringern.
Geprüft wird die grundsätzliche Schließung bestimmter Gebäude zwischen den Jahren sowie an Brückentagen. Statt Dienstreisen sollen Video- oder Telefonkonferenzen abgehalten werden. Außerdem wird den Angaben zufolge die Warmwasserbereitung in zahlreichen Bereichen abgeschaltet - ebenso wie die Außenbeleuchtung und das Anstrahlen bestimmter Gebäude.
Siegesmund und der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, appellierten auch an die Bürger. Im Vergleich zu den Vorjahren sollen 20 Prozent des Verbrauchs auch im privaten Bereich eingespart werden. «Das ist eine Herkulesaufgabe», sagte Müller, der mit der Landesregierung über die Versorgungssicherheit im Winter sprach. Einsparungen in privaten Haushalten würden helfen, eine Gasmangellage in Industrie und Gewerbe zu verhindern. Siegesmund sprach von einem Winter der Solidarität, zu dem alle aufgerufen seien.
Müller bekräftigte, dass die Einspeicherung von Gas ungeachtet des Gaslieferstopps durch die Pipeline Nord Stream 1 weitergehe. Inzwischen liege der Füllstand bei 86 Prozent. Das sei möglich, weil Deutschland beim Einkauf hohe Preise zahle und es Einsparungen in der Wirtschaft und anderen Bereichen gebe. Ziel ist es, den Speicherfüllstand auf 95 Prozent zu bringen.
In der Landesverwaltung sollen die Vorgaben spätestens von Oktober an und für die gesamte Heizperiode gelten. Siegesmund kündigte Schulungs- und Informationsangebote durch die Landesenergieagentur Thega für Beschäftigte der Landesverwaltung an. «Energiesparen ist das A und O, um Energieengpässe im Winter zu vermeiden», sagte die Grünen-Politikerin. Wird Gas knapp, soll es Einschränkungen bis zu Abschaltungen in der Wirtschaft geben.
Ausgenommen davon sind nach Angaben der Netzagentur Bereiche für den lebenswichtigen Bedarf, beispielsweise die Lebensmittel- und Medikamentenproduktion. Viele Arzneimittel werden in Glasverpackungen geliefert. Auch deren Hersteller, von denen es einige in Thüringen gibt, seien damit vor Gasabschaltungen geschützt.
Nach Müllers Einschätzung können im Winter bis zu drei schwimmende Terminals für den Import von verflüssigtem Gas (LNG) in Deutschland einsatzbereit sein. Neben zwei staatlichen LNG-Terminals, bei deren Vorbereitungen es keine Verzögerungen gebe, sei auch die Inbetriebnahme eines privat betriebenen Terminals in Lubmin in Mecklenburg-Vorpommern in Aussicht gestellt.
Drei LNG-Terminals an Nord- und Ostsee in diesem Winter - möglicherweise bereits zum Jahreswechsel - sowie insgesamt sechs bis sieben Terminals im kommenden Jahr würden Deutschland deutliche Importmöglichkeiten ermöglichen, sagte Müller.
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