Ein Hinweisschild zeigt zum Eingang der Höhlerbiennale in einem Höhler unter der Stadt., © Bodo Schackow/dpa
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Kunst bei hoher Luftfeuchtigkeit: Höhler Biennale beginnt

21.07.2023

Eine besondere Ausstellung führt Fans zeitgenössischer Kunst wieder in Geras Unterwelt. Bei der Höhler Biennale zeigen 23 Künstlerinnen und Künstler jeweils ein Werk in den früheren Bierlagerstätten tief unter den Straßen und Häusern Geras. Thema der von Freitag (21. Juli) bis 13. Oktober geplanten Ausstellung ist dieses Mal «LandUNTER».

«Das Thema hebt insgesamt auf die aktuellen ganzen Krisen in allen Bereichen ab», sagte Projektleiterin Gitta Heil. In manchen Installationen würden diese Bezüge deutlicher als in anderen, politisch gehe es allemal zu. «Diejenigen, die sagen, die Kunst habe nichts mit Politik zu tun, die sind auf dem Holzweg», so Heil. Klimawandel, Krieg, gesellschaftliche Spaltung entlang der Diskussionslinien über Energie, Umwelt und Sprache: An Krisenherden als Quelle für Kunst fehlt es derzeit nicht.

Bildhauer Michael Ernsts Beitrag etwa sind hochkant gestellte Skulpturen der Arche Noah. «Die können so keine Tierwelt aufnehmen», kommentierte Heil. Zu den bekannteren Namen unter den teilnehmenden Künstlerinnen und Künstlern gehört auch Cosima Göpfert, die mit ihren Porzellanbrötchen ein «Schlaraffenland» schafft. Und auch die Lichtkunstschaffenden Yvonne Goulbier und Philipp Geist. Letzteren dürften gerade auch Thüringerinnen und Thüringer kennen: Er bespielte bereits mehrfach das Erfurter Augustinerkloster mit Installationen.

Dass es Installationskunst sein sollte, die in den Höhlern genannten ehemaligen Lagerstätten gezeigt wird, sei vor allem auch der Umgebung geschuldet. «Wir haben eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit - Malerei und Grafiken schließen sich da a priori aus», so Heil. Holz sei nur möglich, wenn es speziell behandelt worden sei. Ansonsten seien anorganische Materialien die richtige Wahl für die feuchten Höhler: Glas, Metall, Keramik, oder eben auch Alltagsgegenstände - Regenschirme seien bereits öfter zum Einsatz gekommen, so Heil.

Manche Künstlerinnen und Künstler hätten in den nun mehr 20 Jahren, seitdem es die Biennale gibt, die örtlichen Gegebenheiten zur Ausgangslage für ihre Arbeiten gemacht. Gerne erinnert sich Heil an einen Beitrag, bei dem sich Wassertropfen an Schnüren an der Decke sammelten, und eine Art Perlenkette zu bilden schienen.

«Vermutlich hat niemand gedacht, dass wir so lange durchhalten», sagte Heil mit Blick auf die mittlerweile 11. Ausgabe der Höhler Biennale. Wie die Zukunft der Schau aussehe, könne sie noch nicht sagen. Veranstalter ist der Verein zur Erhaltung der Geraer Höhler. Nachwuchs, der die zum Teil auch ehrenamtliche Arbeit übernehmen könne, zeichne sich noch nicht wirklich ab. Auch die Finanzierung sei jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung. Stiftungen, Sparkasse, Land und Stadt stellten Gelder bereit, davor müsse aber viel Arbeit in Fördermittelanträge gesteckt werden. «Es wäre mein Traum, verstetigte Förderung zu bekommen, aber da habe ich keine Illusionen», so Heil.

Die unterirdischen Gewölbe unter Geras Innenstadt wurden im 17. und 18. Jahrhundert zur Lagerung von Bier in einer Tiefe von fünf bis zwölf Metern angelegt. Ende der 1930er Jahre wurden die Höhler durch Gänge verbunden, um sie als Luftschutzkeller zu nutzen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gerieten sie weitgehend in Vergessenheit. Erst als Stadtplaner in den 1970er Jahren Neubauten konzipierten, wurden sie wieder entdeckt. Bekannt sind insgesamt rund 220 Höhler, die sich auf einer Länge von neun Kilometern erstrecken.

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