Krankenhausstandorte: Erhalten, aber verändern
Nach den Vorstellungen zahlreicher Verbände und Organisationen des Thüringer Gesundheitswesens soll der Freistaat bis 2030 keine Krankenhausstandorte verlieren. Sie sollten demnach aber in anderer Form als aktuell erhalten bleiben, sagte der Vorstandsvorsitzende der AOK Plus, Rainer Striebel, am Montag in Erfurt bei der Vorstellung des «Zielbild 2030 der medizinischen Versorgung in Thüringen». Die Präsidentin der Landesärztekammer, Ellen Lundershausen, mahnte mit deutlichen Worten Veränderungen im Gesundheitswesen an. «Es ist Gefahr in Verzug - und zwar für die Versorgung der Bevölkerung», sagte sie.
Mit dem Zielbild haben sich Vertreter von Krankenkassen, Krankenhäusern und der niedergelassenen Ärzte im Freistaat auf gemeinsame Positionen zur zukünftigen Gesundheitsversorgung in Thüringen verständigt. Diese Verständigung ist bislang noch wenig konkret und soll in den nächsten Monaten durch die Arbeit in Workshops konkretisiert werden.
Zentral in dem Papier ist die Feststellung, dass der demografische Wandel die medizinische Versorgung der Bevölkerung vor eine riesige Herausforderung stellt. Es verweist darauf, dass nach Bevölkerungsprognosen bis 2030 für Thüringen ein Einwohnerrückgang um etwa sechs Prozent zu erwarten sei. Weil die Menschen gleichzeitig immer älter würden und es schon heute an Ärzten und Pflegern mangele, müsse man neue Wege gehen, wenn man den Menschen weiterhin eine gute medizinische Versorgung anbieten wolle, hieß es.
Nach Angaben aus dem Zielbild gibt es derzeit 45 Krankenhäuser mit etwa 14.300 Krankenhausbetten an 58 Standorten in Thüringen. Dort werden pro Jahr etwa 600.000 stationäre und etwa 1,3 Millionen ambulante Behandlungsfälle abgearbeitet. Zudem gibt es etwa 1700 Hausärzte sowie etwa 2200 niedergelassene Fachärzte in Thüringen.
Die Erste Vorsitzende der Kassenärztliche Vereinigung Thüringen, Annette Rommel, sagte, dass sich vor allem kleinere Thüringer Krankenhäuser zu «multiprofessionellen Häusern» umwandeln müssten. Diese sollten weiterhin zwar auch über einige Betten zur stationären Aufnahme von Patienten verfügen, aber deutlich stärker als bislang mit niedergelassenen Ärzten zusammenarbeiten.
Ähnlich äußerte sich die Vorsitzende des Vorstands der Landeskrankenhausgesellschaft, Gundula Werner. Man brauche in Zukunft im ländlich geprägten Thüringen einen ausgewogenen Kompromiss zwischen der flächendeckenden medizinischen Versorgung der Menschen in allen Regionen und der Konzentration bestimmter medizinischer Leistungen an einigen Standorten.
Thüringens Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke) begrüßte die Einigkeit der Verbände und Organisationen. Dass sich die Vertreter von Krankenkassen, Krankenhäusern und auch der niedergelassenen Ärzte auf eine gemeinsame Position hätten einigen könne, sei etwas, «dass ich mir vor zwei Jahren noch nicht hätte vorstellen können». Zu sehr hätten die einzelnen Verbände und Organisationen in der Vergangenheit die Interessen ihrer Mitglieder in den Vordergrund gestellt.
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