Kommunen sollen Flüchtlingskosten voll erstattet bekommen
Thüringens Kommunen sollen 100 Prozent der Kosten für die Unterbringung ukrainischer Flüchtlinge erstattet bekommen. Darauf haben sich die Fraktionen von Linke, SPD und Grünen verständigt, sagte Linke-Fraktionschef Steffen Dittes am Mittwoch in Erfurt. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll in der kommenden Woche im Landtag beraten werden. Die Kommunen hatten zuletzt beim Flüchtlingsgipfel darauf gedrungen. Dittes sagte, dass es in diesem Jahr eine Abschlagszahlung an die Kommunen in Höhe von rund 32,1 Millionen Euro geben soll.
Im kommenden Jahr soll es dann eine Abrechnung geben, mit der der Rest ausgeglichen werden soll. Dittes geht davon aus, dass sich die Gesamtkosten dann auf rund 44 Millionen Euro belaufen werden. Das Geld kommt hauptsächlich vom Bund.
Der Linke-Fraktionschef erläuterte, dass der Bund bisher Leistungen nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) für ukrainische Flüchtlinge bereits zu 100 Prozent zahle, die Unterkunft aber nur zu 70 Prozent. 30 Prozent der Unterkunftskosten müssten die Kommunen aufbringen. Normalerweise werde das dann über den kommunalen Finanzausgleich erstattet. «Jetzt gibt es aber einen deutlichen Anstieg durch die Aufnahme Ukraine-Geflüchteter», erläuterte Dittes.
Damit steige auch die Kostenbelastung stark an. Aus diesem Grund habe man sich für dieses Modell der Erstattung in zwei Schritten entschieden. Allerdings werde diese Leistung dann beim künftigen kommunalen Finanzausgleich nicht mehr berücksichtigt.
CDU-Fraktionschef Mario Voigt sagte, die Kommunen müssten die Kosten für die Versorgung von Flüchtlingen «vollumfänglich» erstattet bekommen. Er forderte «konsequentere Abschiebungen» aus Thüringen. Es brauche eine Trennung der Fragen, wen das Land als Fachkraft brauche und wer in der Not nach Thüringen komme.
Außerdem sprach sich Voigt für eine Umstellung bei den Leistungen für Geflüchtete aus. «Ich glaube, dass wir generell darüber nachdenken sollten, dass wir weniger Geldleistungen, sondern eher das Sachleistungsprinzip wirken lassen sollten», sagte Voigt. «Denn dann kann sich niemand nur den Scheck abholen und dann dafür einen Monat verschwinden.» Auf Nachfrage, ob es Belege für ein solches Verhalten von Geflüchteten gebe, sagte er, er kenne Beispiele. Es sei wichtig, dass die Bevölkerung nicht die Akzeptanz für Flüchtlinge verliere, «weil sie das Gefühl hat, dass Leute den Sozialstaat ausnutzen».
AfD-Fraktionschef Björn Höcke begrüßte Voigts Forderung. «Es ist schön, dass die CDU ins Nachdenken gerät und unsere Forderung da kopiert», sagte Höcke. Der Thüringer AfD-Landesverband wird vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft und beobachtet.
Thüringens Grünen-Fraktionschefin Astrid Rothe-Beinlich sagte, sie finde «schon länger das C für christlich in der CDU nicht mehr». Sie lehnte eine Umstellung auf das Sachleistungsprinzip ab. «Ich bin dafür, dass Menschen, die es ohnehin schon schwer haben, über das Geld, das ihnen zusteht, zumindest auch frei entscheiden können müssen», sagte Rothe-Beinlich. Sie halte solche Vorstöße von der CDU für «sehr gefährlich». «Ich glaube, dass so auch wieder mehr Hass und Vorbehalte geschürt werden.»
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