Sebastian Dette stellt den Jahresbericht 2022 zur Überörtlichen Kommunalprüfung vor., © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa
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Kommunen mit Überschuss im Corona-Jahr: Jugendclubs marode

24.01.2022

Ein Teil der Thüringer Kommunen ist zu lax beim Eintreiben von Steuern, Beiträgen und Gebühren oder spart an der falschen Stelle. Zu diesem Ergebnis kommt der Landesrechnungshof in seinem jährlichen Prüfbericht zu den Kommunalfinanzen, den der scheidende Präsident Sebastian Dette am Montag in Rudolstadt vorlegte. Insgesamt bescheinigten die Rechnungsprüfer Gemeinden, Städten und Kreisen, bisher ohne größere finanzielle Blessuren durch die Corona-Pandemie gekommen zu sein - vor allem dank hoher Sonderzahlungen des Landes.

Dette geht Ende Januar nach zwölf Jahren an der Spitze des Rechnungshofs in den Ruhestand. Seine Nachfolgerin, Kirsten Butzke, wurde bereits vom Landtag in Erfurt gewählt. Die Juristin, die aus Weimar stammt, ist bisher Direktorin beim Landesrechnungshof.

Der vorgelegte Bericht listet eine Reihe von Fällen auf, wo Kommunen ihre Möglichkeiten zur Geldeinnahme nicht ausschöpfen, aber auch einige, wo an der falschen Stelle gespart wurde. Eine Auswahl und Übersicht:

Jugendfreizeiteinrichtungen:

Bei Jugendclubs und -treffs ergaben die Prüfungen einen mancherorts erheblichen Sanierungsstau. Der Rechnungshof bezifferte den Investitionsbedarf auf 10 bis 21 Millionen Euro. In etwa einem Drittel der untersuchten Jugendfreizeiteinrichtungen gebe es einen hohen Sanierungsbedarf. Einige Treffpunkte für junge Leute seien sogar in einem unzumutbaren Zustand - dort beständen auch Sicherheits-, hygienische oder technische Mängel, vor allem an der Elektrik. Nur drei Kreise erfassten den baulichen Zustand regelmäßig. «Es geht bei der Kommunalprüfung nicht nur ums Sparen, sondern auch darum, dass die Kommunen ihre Aufgaben erfüllen», sagte Dette.

Kontrolle von Zahlung an Kita:

Treuherzig überwies eine Stadt einem privaten Kindergartenbetreiber jährlich Betriebs- und Personalkosten, die ihr in Rechnung gestellt wurden. «In einem Zeitraum von 16 Jahren erfolgte nur einmal eine Prüfung der abgerechneten Kosten», monierte der Rechnungshof. Deshalb fiel auch nicht auf, dass eine Angestellte bereits 2013 ein Jahresgehalt von mehr als 63 000 Euro erhielt - ein Vergleich mit der Bezahlung im öffentlichen Dienst sei nicht angestellt worden. Auch eine Kostensteigerung von 13 Prozent, die der private Träger allein zwischen 2018 und 2019 auswies, habe die Kommunalverwaltung nicht stutzig gemacht.

Unterhaltsvorschüsse:

Wenn unterhaltspflichtige Väter oder Mütter für ihren Nachwuchs nicht zahlen, springt der Staat mit Unterhaltsvorschüssen ein, damit die Kinder versorgt sind. Doch mit der Rückzahlung der Vorschüsse hapert es immer wieder - und die Kommunen treiben das Geld nicht immer mit Nachdruck ein, wie eine Prüfung in zwei Kreisen und zwei kreisfreien Städten ergab. Zudem wurde das Einkommen der Unterhaltspflichtigen teils zu niedrig veranschlagt - und damit die Rückzahlungsforderungen der Kommunen. Die Höhe des Schadens konnte der Rechnungshof wegen der Stichprobenuntersuchung nicht beziffern.

Kommunalhaushalte:

Im Corona-Jahr 2020 überstiegen die Einnahmen der Städte, Gemeinden und Kreise ihre Ausgaben um rund 300 Millionen Euro. Steuerausfällen in Höhe von 100 Millionen Euro hätten um 547 Millionen Euro erhöhte Zuweisungen des Landes gegenübergestanden. «Dadurch waren die Verluste aus den Steuereinnahmen mehr als ausgeglichen», heißt es in dem Bericht. Der Überschuss sei erzielt worden, obwohl gleichzeitig Schulden abgebaut worden seien.

Seit 2016 sanken demnach die Verbindlichkeiten der Kommunen um mehr als eine halbe Milliarde Euro - das habe sich im vergangenen Jahr bis September fortgesetzt. Allerdings sei die Lage in den einzelnen Gemeinden und Kreisen sehr unterschiedlich. So hätten einige Kommunen nach wie vor große Probleme, ihre Etats zu finanzieren, sagte Dette.

Landeshaushalt:

Zu Plänen der rot-rot-grünen Minderheitskoalition und der oppositionellen CDU-Fraktion, die Zahlungen des Landes an die Kommunen in diesem Jahr um weitere 130 Millionen Euro aufzustocken, äußerte sich der Rechnungshofpräsident zurückhaltend. «Die Finanzausstattung der Kommunen muss bedarfsgerecht sein.» Je mehr das Land zahle, um so geringer sei der Anreiz für die Kommunen, zu sparen. «Wir sehen das als Rechnungshof mit Sorge», sagte Vizepräsident Mike Huster.

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