Schlüssel stecken im Schloß in einer Unterkunft von ukrainischen Geflüchteten in Jena-Zwätzen., © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/Archiv
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Kommunen bekommen mehr Geld für Flüchtlingsunterbringung

24.01.2023

Thüringen erhöht nach monatelangen Debatten seine Zahlungen an die Kommunen für die Unterbringung von Geflüchteten. Rückwirkend zum 1. Januar würden Landkreise 294 Euro monatlich pro Platz erhalten, kreisfreie Städte 332 Euro, sagte die scheidende Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) am Dienstag in Erfurt. Siegesmund führt bis Ende Januar auch die Geschäfte des entlassenen Migrationsministers Dirk Adams (Grüne). Bisher wurde eine monatliche Pauschale nur für belegte Plätze von einheitlich 210 Euro vom Land gezahlt. Diesen Betrag hatten die Kommunen sowie die oppositionelle CDU-Fraktion als viel zu gering kritisiert.

«Eine Einigung war dringend nötig», sagte Siegesmund. Nun gebe es ein neues System, das auch das Vorhalten von Unterkünften honoriere. Trotz des Amtswechsels in der Regierung sollte keine Zeit bis zur Anhörung der Kommunen voraussichtlich in der kommenden Woche verloren werden. Ab 1. Februar übernimmt die bisherige Polizeibeamtin Doreen Denstädt (Grüne) das Justiz- und Migrationsministerium. Sie sei über die Gespräche zur Anhebung der Pauschale informiert worden.

Siegesmund und Finanzministerin Heike Taubert (SPD) sprachen von einem Systemwechsel, weil die Kommunen die Pauschale nun nicht nur für belegte, sondern auch für vorgehaltene Plätze erhielten. Das gebe ihnen mehr finanzielle Sicherheit. Siegesmund: «Wir finanzieren als Land nun insgesamt 11 000 belegte oder vorgehaltene Plätze.»

Die höhere Pauschale für die größeren Städte begründete sie mit einem höheren Aufwand - unter anderem seien die Mieten oft teurer als in ländlichen Regionen. Nun könnten Immobilien angemietet werden - auch, um schnell bei wachsende Flüchtlingszahlen reagieren zu können. In einigen Kommunen waren die Unterbringungsmöglichkeiten in den vergangenen Monaten an Grenzen gestoßen.

Zudem gebe es einen Bonus von 30 Euro für zusätzlich geschaffene Unterbringungsmöglichkeiten, wenn die Zahl der Menschen, die in Thüringen Zuflucht suchen, weiter steige. Damit würden Landkreise und kreisfreie Städte belohnt, die deutlich über ihrem berechneten Soll bei der Aufnahme Geflüchteter lägen. Ein Zuschlag von 60 Euro zur Pauschale sei für behindertengerechte Plätze vorgesehen, sagte Siegesmund.

Nach Daten aus dem Migrationsministerium, die der dpa vorliegen, nehmen bisher unter anderem die Städte Gera und Jena mehr Geflüchtete auf, als sie nach dem Soll laut Thüringer Flüchtlingsverordnung müssten. Bei Gera lag die Übererfüllungsquote mit Stand Ende Dezember bei rund 45,5 Prozent, bei Jena bei rund 18,0 Prozent. Viele Flüchtlinge bringen demnach auch der Kyffhäuserkreis (plus 24,5 Prozent) sowie die Kreise Nordhausen (plus 22,2 Prozent) und Sömmerda (plus 20,9 Prozent) unter.

Etwa ein Drittel weniger als das Soll waren es dagegen mit Stand Ende Dezember im Saale-Orla-Kreise (-35,3 Prozent) und im Wartburgkreis (-31,1 Prozent). Ein Minus von 26,8 Prozent gab es zu diesem Zeitpunkt im Kreis Greiz, von jeweils minus 24,1 Prozent in den Kreisen Schmalkalden-Meiningen und Hildburghausen.

Kritisch äußerte sich Finanzministerin Heike Taubert (SPD) zu Äußerungen von Vertretern der kommunalen Spitzenverbände, die mit Hinweis auf Sachsen eine monatliche Pauschale von 500 bis 560 Euro pro Platz verlangt hatten. «Es ist nicht redlich, wenn man nur mit einzelnen Zahlen agiert.»

Sachsen hätte ein anders System - in Thüringen gebe es beispielsweise die Gesundheitskarte für Geflüchtete - medizinische Kosten seien damit nicht berücksichtigt, sagte Taubert. Auch andere Ausgaben wie die Bewachung von Unterkünften seien anders geregelt. Letztlich summiere sich die Landeszahlung pro Geflüchteten im Jahr auf den gleichen Beitrag wie in Sachsen. Insgesamt seien für die Unterbringungspauschale im Landesetat in diesem Jahr 39,9 Millionen Euro vorgesehen.

Die Präsidentin des Thüringischen Landkreistages, Martina Schweinsburg (CDU), hatte in der vergangenen Woche eine Pauschale des Landes für die Flüchtlingsunterbringung von 560 Euro pro Platz und Monat verlangt.

© dpa-infocom, dpa:230124-99-337501/3

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