Katholikentag: «Meine Ungeduld ist groß»
Die Präsidentin des Deutschen Katholikentags fordert mehr Reformtempo von ihrer Kirche. «Meine Ungeduld ist groß, und nicht nur meine», sagte Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und damit Veranstalterin des Katholikentags, am Mittwoch in Erfurt. Sie erwarte von den Bischöfen und auch vom Papst, «dass nun endlich das Ruder herumgeworfen wird». Der Missbrauchsskandal habe in großem Maße Vertrauen zerstört - die Kirche stecke in der Krise.
Zum 103. Deutschen Katholikentag mit rund 500 Veranstaltungen werden bis Sonntag mindestens 20.000 Besucher in der thüringischen Landeshauptstadt erwartet, deutlich weniger bei früheren Katholikentagen. Zur Eröffnung spricht am Mittwochabend Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Das Treffen findet erstmals in Erfurt statt - und erstmals seit 2016 im sehr säkular geprägten Ostdeutschland, wo katholische Christen eine kleine Minderheit sind. Stetter-Karp sagte, in Erfurt habe der Kirchentag kein Heimspiel. «Aber gibt es überhaupt noch Heimspiele für Katholiken in Deutschland? Ich denke: Nein.»
Weiheamt für Frauen?
Erfurts Bischof Ulrich Neymeyr sieht ebenfalls ein großes Reformbedürfnis vor allem mit Blick auf die Rolle der Frau in der Kirche. «Ein Großteil der Katholikinnen und Katholiken in Deutschland, aber auch der Bischöfe, würde sich hier gerne eine Öffnung des Weiheamts für Frauen wünschen - zumindest für Diakoninnen», sagte Neymeyr im ZDF. In der katholischen Kirche sind die Weiheämter von Diakon über Priester bis Bischof nur Männern vorbehalten. «Da liegen wir eben weit außerhalb dessen, was in der Gesellschaft Konsens ist», sagte Neymeyr.
Bei der Pressekonferenz vor Eröffnung des Katholikentags wies der Bischof darauf hin, dass Katholiken im Osten zu DDR-Zeiten wegen der Repression durch das politische System ein besonderes Vertrauensverhältnis zu Bischöfen gehabt hätten. Hier seien die Katholiken nicht ganz so kritisch gegenüber dem Vatikan. «Deshalb sehe ich die Ungeduld noch nicht ganz so groß.»
«Mensch des Friedens»
Neben innerkirchlichen Themen wie die Rolle der Frau oder der Missbrauchsskandal beschäftigen den Katholikentag wichtige Zeitfragen wie Krieg und Frieden sowie Populismus und Demokratie. Viele Politikerinnen und Politiker haben sich für die kommenden Tage angekündigt, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne).
Motto des Treffens ist «Zukunft hat der Mensch des Friedens». Das Zentralkomitee der Deutschen Katholiken - der Dachverband der Laien in der Kirche - bekannte sich in einem Beschluss vorab zum Recht auf Selbstverteidigung. Gewalt dürfe aber nur zum Einsatz kommen, wenn sie durch Völkerrecht legitimiert sei und sich auf dem Boden internationaler Vereinbarungen bewege. Waffengewalt sei nur als letztes Mittel zu nutzen. Zudem beschloss die ZdK-Vollversammlung, die Mitschuld der Kirche bei der Kriminalisierung queerer Identitäten in der Vergangenheit aufzuarbeiten.
Weltweit gibt es laut Deutscher Bischofskonferenz 1,4 Milliarden Katholiken. 20,9 Millionen von ihnen lebten 2022 in Deutschland, was etwa einem Anteil von 25 Prozent der Bevölkerung entsprach. Rund 137 000 Kirchenmitglieder zählte das Bistum Erfurt.
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