Zebrastreifen, Straße, © ANTENNE THÜRINGEN
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Kann der Zebrastreifen vor der Kita doch bleiben?

30 Jahre, 30 Challenges

03.05.2023

Die kleine Gemeinde Niedertrebra im Landkreis Weimarer Land besitzt etwas, wovon andere Ortschaften nur träumen: einen Zebrastreifen. Dieser soll jetzt aber nach über 38 Jahren verschwinden.

Mitten durch das kleine Örtchen zieht sich die viel befahrene Landstraße L1060, die Bad Sulza mit Apolda verbindet. Anwohner sind sich deswegen einig, dass der Zebrastreifen bleiben muss, der liegt außerdem direkt vor einer Kindertagesstätte. Auf der gegenüberliegenden Seite liegt obendrein noch eine Bushaltestelle, an der die Schulkinder nach Apolda, Wickerstädt und Bad Sulza jeden Morgen auf den Schulbus warten.  

Trotzdem möchte das Land den noch zu DDR-Zeiten erbauten Zebrastreifen abbauen. Die zuständige Behörde argumentiert das mit der Gesetzeslage. (Die ganzen Interviews finden Sie weiter unten im Artikel)

Aus Frust über diesen Beschluss hat sich Helga Gröger an uns gewandt und wir haben Ihr versprochen, wir kümmern uns! Bis zum Verkehrsministerium sind wir hoch. Offenbar gibt es jetzt doch eine Möglichkeit, wie wir es schaffen können, dass der Zebrastreifen in Niedertrebra bleiben darf. 

Endlich eine Lösung in Sicht?

Wir haben alle Hebel in Bewegung gesetzt und haben mit der Verkehrsministerin Susanna Karawanskij gesprochen. Diese sagte uns, dass das alles gar nicht Aufgabe des Verkehrsministeriums sei.
ABER: An unserer Stelle würde Sie eine Sondergenehmigung beantragen. Diese kann bei triftigen Gründen wie der Gewährung der Sicherheit von Schutzbefohlenen gestellt werden.
Das wird Bürgermeister Jörg Geyer jetzt tun. Bleibt gespannt, was dort raus kommt. Wir bleiben weiter dran!

Die ganze Geschichte: 

Vorschriften sind Vorschriften

Die Straße soll zu stark gekrümmt sein, der Zebrastreifen liegt außerdem zu nah an einer Kurve. Damit argumentiert die zuständige Behörde den Abbau.

© ANTENNE THÜRINGEN
 ANTENNE THÜRINGEN

Ausschlaggebend außerdem: Bei einer Verkehrszählung haben zu wenig Menschen den Zebrastreifen genutzt. "Statt der erforderlichen 50 waren es nur 45 Personen. Die Zählung fand aber an einem der regenreichsten Tage 2022 statt und zu einer Uhrzeit, in der alle Kinder schon in der Schule und Kita waren", erzählte uns Hörerin und Anwohnerin Helga.

Aus Frust über diesen Beschluss hat sich Helga Gröger deswegen an uns gewandt, denn der Widerspruch der Gemeinde wurde von den Behörden abgelehnt: 

"Liebes ANTENNE THÜRINGEN Team, ich habe eine Challenge für euch:  Schafft ihr es, dass der Zebrastreifen in Niedertrebra bleibt?"

Sie und alle Anwohner der Gemeinde sind sich einig: "Die Bürokratie sieht das Problem nur von ihrem Tisch aus, denn vor Ort war in Niedertrebra noch niemand". Damit das Thema aber nicht im Sande verläuft, hat sich Helga nun an uns gewendet. Für uns eine Herzensangelegenheit, die wir in Angriff nehmen müssen.

Die Lage vor Ort 

Unser Reporter Andreas Heidenreich hat sich deswegen auf den Weg in die kleine Gemeinde gemacht und dort mit dem Bürgermeister Jörg Geyer, den Anwohnern und auch dem Ordnungsamt von Bad Sulza gesprochen. 

Alle vertreten dabei die gleiche Meinung: Der Zebrastreifen muss bleiben! "Es kann nicht sein, dass praxisferne Vorschriften die Sicherheit der Kinder gefährden", erzählt uns der Bürgermeister Jörg Geyer aufgebracht. 

Auch das Ordnungsamt kann den Beschluss des Landes nicht verstehen und bezeichnet ihn als "nicht bürgerfreundlich". Der Zebrastreifen dient tagtäglich als sichere Überquerungshilfe für die Kinder und auch wenn das Verkehrsaufkommen nicht mit dem in der Stadt vergleichbar ist, ist der Fußgängerüberweg hier in Niedertrebra trotzdem unverzichtbar. Nicht zuletzt hat sich das Ordnungsamt selbst an das Land gewendet und eine Bedarfsampel vorgeschlagen, aber auch dieser Vorschlag wurde abgelehnt.

Zum Nachören: 

Jörg, Bürgermeister von Niedertrebra

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Ordnungsamt Bad Sulza

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00:46

Michaela, Kindergärtnerin Niedertrebra

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00:36

Anwohnerin Niedertrebra

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Interview mit der Obstersten Verkehrsbehörde

Das Thüringer Landesverwaltungsamt bleibt dennoch dabei: Der Zebrastreifen ist rechtswidrig und der Abbau wird somit angeordnet.

Damit geben wir uns aber nicht zufrieden. Zur Klärung sind unsere Guten Morgen Thüringen Moderatoren Iris Pasold und Jens May an Konstanze Gerling-Zedler verwiesen worden, Sprecherin des Infrastrukturministeriums. Ergebnis des Gesprächs: Die oberste Verkehrsbehörde kann an dem Beschluss nichts ändern, denn die "Grenzwerte und Richtlinien sind, wie sie sind" , so Konstanze Gerling-Zedler. 

Außerdem beruft Sie sich auf die Untersuchungen vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.. Diese Untersuchungen haben gezeigt, dass, "wenn auch nur eine der genannten Sicherheitskriterien nicht eingehalten werden konnte, die 'Unsicherheit' von Fußgängerüberwegen zunahm. [...] Nicht nur bei der Neuanlage von Zebrastreifen müssen diese Kriterien unbedingt eingehalten werden. Auch alle bestehenden Anlagen sind daraufhin zu überprüfen; insbesondere wenn es hier vermehrt zu kritischen Situationen oder sogar zu Unfällen kommt"(1). 

Nach unseren Recherchen haben wir aber heraus gefunden, dass in den Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA) im Kapitel 3.3.4. steht: "Ferner können Fußgängerüberwege bei weniger als 50 Fußgängern in der Spitzenstunde für besonders schutzbedürftige Personen eingerichtet werden". Schutzbedürftige Menschen können beispielsweise Kinder oder ältere Menschen sein. 

Mehr als die geltenden Vorschriften zu erläutern, könne Sie aber nicht für uns tun, erklärte Frau Gerling-Zedler. Zur weiteren Klärung sollen wir mit der Untersten Verkehrsbehörde des Weimarer Landes sprechen, da der Fall in deren Zuständigkeitsgebiet fallen würde.

Zum Nachhören: 

Interview Oberste Verkehrsbehörde Teil 1

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03:53

Interview Oberste Verkehrsbehörde Teil 2

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Interview mit der Untersten Verkehrsbehörde

Wir kümmern uns. Das haben wir versprochen und deshalb haben Iris Pasold und Jens May dann auch mit Andy Heinemann von der Untersten Verkehrsbehörde gesprochen. Dieser erklärte uns wiederum, dass sie sich trotz der nicht erreichten Werte für einen Erhalt des Zebrastreifens ausgesprochen haben. Das Landesverwaltungsamt hat dies dann  überprüft und den Zebrastreifen erneut als rechtswidrig eingestuft und die Demontierung angeordnet. Somit sind der Untersten Verkehrsbehörde die Hände gebunden.

Interview Unterste Verkehrsbehörde

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02:39
Sie haben auch ein Problem, bei dem Sie nicht weiterkommen? Einen Herzenswunsch? Oder eine Challenge für uns? Her damit! Wir werden 30 Jahre und wollen deshalb 30 Challenges für Thüringen erfüllen! Sie schicken uns Ihre Challenge, wir kümmern uns! 

Quellen: 

(1) - Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.(2013): Unfallforschung kompakt - Untersuchungen zur Sicherheit von Zebrastreifen, Berlin. 

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