Jüdische Landesgemeinde warnt vor neuem Nationalismus
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Jüdische Landesgemeinde warnt vor neuem Nationalismus

09.11.2022

Der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde in Thüringen, Reinhard Schramm, hat sich besorgt über die Wehrhaftigkeit von Demokratien gezeigt. «Erneut erstarken die nationalistischen Kräfte und in ihrer Begleitung der Antisemitismus, Antiziganismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit», sagte Schramm am Mittwoch in Erfurt beim Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Pogromnacht.

Landtagsvizepräsidentin Dorothea Marx rief dazu auf, hart erkämpfte demokratische Werte und Freiheiten zu verteidigen und aus der Geschichte zu lernen. Hass und Hetze im Parlament und in der Gesellschaft müsse entgegengetreten werden. Marx reagierte damit auch auf eine von der AfD-Faktion beantragte aktuelle Stunde, in der sich die in Thüringen vom Verfassungsschutz wegen rechtsextremer Tendenzen beobachtete Partei für die Beendigung einer «massenhaften Zuwanderung» aussprach. Abgeordnete erinnerten an die Situation der von den Nazis verfolgten Juden, die vor Hitler aus Deutschland flüchteten, aber oft keinen Schutz fanden.

Das Erstarken des Nationalismus habe auch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mitentfacht, sagte Schramm. Selbst wenn es gelingen sollte, diesen Krieg bald zu beenden, sei «das Gift des Nationalismus in Europa» bereits so wirkmächtig, dass die Herausforderungen, vor denen Demokraten stünden, enorm seien. Die Pogromnacht von 1938 mahne: «Unser Europa würde in traurige Vergangenheit zurückfallen, wenn die Demokraten wieder versagen», sagte Schramm.

Die als Pogromnacht bekannte Gewaltwelle gilt als Auftakt zur systematischen Vernichtung der jüdischen Bevölkerung. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 verwüsteten Nationalsozialisten etwa 7500 jüdische Geschäfte und Einrichtungen in Deutschland. Historiker gehen von mehr als 1300 Menschen aus, die in Folge des Pogroms ums Leben kamen. Mehr als 30.000 Juden wurden in Konzentrationslager verschleppt. An die Opfer der November-Pogrome wurde am Mittwoch in Thüringen in zahlreichen Gedenkveranstaltungen erinnert.

Bereits zuvor hatten zahlreiche Landespolitiker gemahnt, die Erinnerung an die damaligen Ereignisse wachzuhalten. Landtagspräsidentin Birgit Pommer (Linke) kritisierte den fortdauernden Antisemitismus. «84 Jahre nach den Angriffen auf Synagogen, Gebetshäuser, Geschäfte, Friedhöfe und Wohnungen von Jüdinnen und Juden müssen wir feststellen, dass Antisemitismus, Rassismus und viele andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit nicht verschwunden sind.» Es gebe noch immer Menschen in Deutschland, die die Shoa leugneten, relativierten oder verharmlosten.

© dpa-infocom, dpa:221108-99-436542/4

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