Jüdisch-israelische Kulturtage: «Trotz allen Ernstes»
Wenige Tage nach dem Beginn des Ukraine-Krieges haben die Macher der Thüringer Tage der jüdisch-israelischen Kultur sich betroffen gezeigt. Die Planung für das 30. Jubiläumsjahr der jüdisch-israelischen Kulturtage in Thüringen habe lange vor dem Krieg in der Ukraine begonnen. Doch die aktuellen Ereignissen stünden über dem Festival und «werfen einen bitteren Schatten», sagte der künstlerische Leiter, Johannes Gräßer bei der Vorstellung des Programms am Mittwoch in Erfurt.
Etwa 90 Prozent der rund 700 Thüringer Gemeindemitglieder kamen nach 1990 aus Russland, der Ukraine, Belarus, Moldau und anderen früher zur Sowjetunion gehörenden Ländern nach Thüringen. Viele hätten Freunde und Bekannte in der Ukraine ebenso wie in Russland. Man solidarisiere sich mit allen Menschen, gleich welcher Herkunft und Religion, die gegen diesen Krieg sind, hieß es von Seiten der Veranstalter.
«Wir haben gemeinsam überlegt, was wir tun können und wir sind der Überzeugung, dass gerade jetzt wichtig ist, das Anliegen auch der jüdisch-israelischen Kulturtage als Festival für Frieden und Toleranz in diesem Sinne durchzuführen», so Gräßer. «Trotz allen Ernstes, freuen wir uns, dass wir dieses Festival feiern können», sagte auch der Vorsitzende der jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm. Er hoffe auf reges Interesse und viele Gäste, «denn gute Beteiligung heißt Wissensvermittlung.»
Einige der Künstler und Künstlerinnen des diesjährigen Programmes kommen aus der Ukraine. Umso glücklicher zeigte sich Gräßer, dass trotz der Umstände alle ihre Teilnahme zugesichert hätten. Zur Eröffnung am 24. März werde unter anderem die in der Ukraine geborene Kantorin Sveta Kundish auftreten.
In zehn Städten und Orten in ganz Thüringen sind im Frühjahr und Herbst rund 60 Lesungen, Konzerte, Filme, Ausstellungen und mehr geplant. Die Kulturtage laufen vom 24. März bis 7. April sowie vom 3. bis 10. November in Erfurt, Mühlhausen, Jena, Nordhausen, Meiningen, Nordhausen, Rudolstadt, Bleicherode und Weimar. Elf Konzerte sowie Lesungen des Musikers, DJs und Autors Yuriy Gurzhy aus seinem Buch «Richard Wagner und die Klezmerband» stehen im Frühjahr an. Auch Vorträge, etwa zum jüdischen Leben in der DDR sowie Führungen und Gesprächsabende mit Landesrabbiner Alexander Nachama soll es geben.
Ein letztes Mal soll das seit 1991 stattfindende und damit älteste Thüringer Festival in diesem Jahr im November stattfinden. Bereits im vergangenen Jahr hatte man erste Schritte zur Verlegung ins Frühjahr getan. Der November sei schon rein jahreszeitlich ein eher trüber Monat. Hinzu kämen viele Gedenktage, so Gräßer. «Da passt es eigentlich nicht so recht, fröhlich und ausgelassen zu feiern.» Der Monat Adar, in dem man Purim feiere, sei hingegen ein Freudenmonat im jüdischen Kalender, so Landesrabbiner Nachama. Daher fänden die Kulturtage ab 2023 nur noch zwischen den jüdischen Feiertagen Purim und Pessach statt (März/April).
Die Staatskanzlei finanziert die jüdisch-israelischen Kulturtage im Jubiläumsjahr mit 69 000 Euro. Das sei mehr denn je, sagte Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) in seiner Funktion als Beauftragter der Landesregierung für jüdisches Leben in Thüringen und die Bekämpfung des Antisemitismus. In den 30 Jahren sei das Festival stetig gewachsen, ebenso die jüdische Gemeinde in Thüringen.
Man blicke in diesem Jahr in der Tat aus einer «sehr schwierigen Situation» auf die Kulturtage, so Hoff. «Aber ich denke, dass wir derzeit, trotz diesen schrecklichen Krieges auch was anderes sehen: Nämlich, dass das, was wir derzeit tun, Hoffnung in die Zukunft gibt.» Man müsse es machen «nicht, weil wir die Augen verschließen, vor dem, was dort passiert, sondern weil wir, glaube ich, mit der Waffe der Hoffnung arbeiten - und das ist eine ganz friedliche Waffe.»
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