Heike Taubert (SPD), Finanzministerin von Thüringen, spricht im Plenarsaal des Thüringer Landtags., © Martin Schutt/dpa
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Ist Thüringens Haushalt krisenfest? Etat im Landtag beraten

05.09.2022

Thüringens rot-rot-grüne Regierung hat dem Landtag einen Haushalt mit Rekordausgaben von 12,8 Milliarden Euro vorgelegt. Das ist ein Plus von fast 900 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Finanzministerin Heike Taubert (SPD) appellierte am Montag in einer Sondersitzung des Parlaments in Erfurt an die Abgeordneten, das Etatvolumen nicht weiter zu erhöhen und auch bei Forderungen nach mehr Personal Maß zu halten. Der Haushalt sei nur zu finanzieren, indem das Land rund 640 Millionen Euro aus seiner Rücklage nehme. «Wir zapfen unser Sparbuch in der Hoffnung an, dass es sich schon wieder füllen wird», sagte Taubert.

Kritik am kräftigen Anwachsen der Landesausgaben kam von den Oppositionsfraktionen CDU und AfD sowie den Gruppen der FDP und der Bürger für Thüringen. CDU-Fraktionschef Mario Voigt nannte den Etatentwurf, der nach Angaben Tauberts einen Kompromiss zwischen den Regierungspartnern Linke, SPD und Grüne darstellt, nicht krisenfest. Er reagiere nicht auf die hohe Inflation und die Energiekrise und werde «dem Ernst der Lage nicht gerecht», so der Vorsitzende der größten Oppositionsfraktion.

Vertreter von Rot-Rot-Grün forderten die Opposition - vor allem die CDU - auf, sich aktiv an den Haushaltsverhandlungen in den kommenden Monaten zu beteiligen. «Dieser Haushalt wird für unser Parlament die größte Herausforderung der letzten drei Jahrzehnte», sagte SPD-Fraktionschef Matthias Hey. «Wir brauchen eine verlässliche Mehrheit.» Linke, SPD und Grüne verfügen über keine eigene Mehrheit - der Regierungskoalition fehlen dafür vier Stimmen im Landtag.

Die Fraktionsvorsitzenden der Linken, Steffen Dittes, und der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, signalisierten Korrekturbedarf in einigen Positionen des Zahlenwerks. Es sollte unter anderem eine Haushaltsposition geschaffen werden, um besser auf die hohe Inflation und die Energiepreise reagieren zu können, sagte Dittes. Rothe-Beinlich plädierte für mehr Stellen unter anderem bei der Verbraucher- und Energieberatung.

Nach Angaben der Finanzministerin sind zur Finanzierung der Landesausgaben bereits die prognostizierten Steuermehreinnahmen von rund 457 Millionen Euro im kommenden Jahr eingepreist. «Mir geht es nicht um Panikmache», sagte Taubert. Aber auch in der Zeit nach 2023 müsse genug finanzieller Spielraum vorhanden sein, «um den Haushalt stabil zu halten». Dazu gehöre, dass ein erster Teil der 1,2 Milliarden Euro, die in der Corona-Pandemie an neuen Schulden aufgenommen wurden, zurückgezahlt werde. Die Tilgung steige von 171 Millionen Euro in diesem Jahr auf 236 Millionen Euro 2023.

CDU-Fraktionschef Voigt sagte, der Haushalt werde «dem Ernst der Lage nicht gerecht». Das sei ein großer Fehler. Er warf der rot-rot-grünen Landesregierung von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) vor, ohne Plan zu regieren. Voigt bekräftigte die Forderung seiner Fraktion nach einem Energiesicherungsfonds, der mit etwa 400 Millionen Euro aus den prognostizierten Steuermehreinnahmen im kommenden Jahr finanziert werden sollte. Damit könnte ein Schutzschirm über die Stadtwerke und die mittelständische Wirtschaft gespannt werden.

AfD-Fraktionschef Björn Höcke plädierte für ein eigenes Thüringer Entlastungspaket für Bürger und Wirtschaft. Stattdessen würden einige 100 Millionen Euro versenkt - aus Sicht der AfD für Klimapolitik und Flüchtlingsaufnahme. Höcke lieferte sich einen Wortwechsel mit CDU-Fraktionschef Voigt, dem er Symbolpolitik vorwarf. Der Sprecher der FDP-Gruppe, Thomas Kemmerich, sprach sich ebenso wie die Sprecherin der Bürger für Thüringen, Ute Bergner, dafür aus, nicht mehr Geld auszugeben, als das Land einnehme.

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