Fahnen der rechten Szene wehen bei einem Konzert in Themar., © Bodo Schackow/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild
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Innenministerium rechnet wieder mit Rechtsrock-Konzerten

08.03.2022

Nach dem Ende weitreichender Corona-Beschränkungen könnte es nach Einschätzung des Thüringer Innenministeriums wieder große Rechtsrock-Festivals und ähnliche Szenetreffen im Freistaat geben. «Wir gehen fest davon aus, dass wir nach dem Ende der Corona-Einschränkungen wieder mit großen Rechtsrock-Konzerten zu tun haben werden», sagte Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) der Deutschen Presse-Agentur.

Die Rechtsextremen seien schon aus finanziellen Gründen darauf angewiesen, solche Festivals möglichst bald wieder zu veranstalten. «Das ist deren Geldquelle Nummer eins gewesen», sagte Maier. Nach den jüngsten Bund-Länder-Beschlüssen sollen etliche tiefgreifende Corona-Beschränkungen ab 20. März nicht mehr gelten.

Innenminister Maier sagte, Rechtsextremen sei es gelungen, im Zuge der Corona-Proteste ganz neue Personengruppen für sich zu gewinnen. «Wir müssen leider feststellen, dass die Corona-Proteste wie eine Frischzellenkur für die Szene gewirkt haben.»

Vor der Corona-Pandemie war Thüringen ein bundesweiter Hotspot für rechtsextreme Konzerte. So gab es 2019 insgesamt 65 Musikveranstaltungen von Neonazis, berichtete die «Mobile Beratung in Thüringen Für Demokratie - gegen Rechtsextremismus» (Mobit), ein Verein, der von der Jüdischen Landesgemeinde, dem Deutschen Gewerkschaftsbund und der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland gegründet wurde. Unter den Konzerten waren neben großen Festivals auch kleinere Konzerte und sogenannte Liederabende.

2020 sank die Zahl dieser Veranstaltungen nach den Daten von Mobit auf 19 - vor allem auch deshalb, weil die Corona-Beschränkungen die Organisation großer Konzerte unmöglich gemacht hatten. Zahlen zu Rechtsrock-Konzerten für 2021 hat Mobit noch nicht veröffentlicht.

Zwar hätten Rechtsextreme auch in der Pandemie versucht, ihre Veranstaltungen ins Internet zu verlegen, eine wirkliche Alternative sei das für die Szene aber nicht gewesen, hieß es von Mobit. «Zu sehr fehlen neben dem reinen Musikhören die weiteren Aspekte von Rechtsrock-Veranstaltungen wie das Pflegen des identitätsstiftenden extrem rechten Lifestyles, die direkten Kommunikations- und Vernetzungsmöglichkeiten sowie finanzielle Einnahmen durch den Verkauf von Merchandising-Artikeln, Tonträgern und Eintrittszahlungen.»

Innenminister Maier sieht die Sicherheitsbehörden auf neue Rechtsrock-Konzerte und Szenetreffen gut vorbereitet. Der Landesverfassungsschutz beobachte solche Bestrebungen intensiv. Auch die im Innenministerium eingerichtete Task Force zu Rechtsrock-Konzerten sei nach wie vor arbeitsfähig und könne bei Bedarf verstärkt werden.

Die Task Force soll zum Beispiel Kommunen dabei unterstützen, Auflagen für Rechtsrock-Konzerte – die in der Regel als politische Versammlungen getarnt werden – so zu formulieren, dass sie vor Gericht Bestand haben.

In den Jahren vor der Pandemie hatten Verwaltungsgerichte immer wieder Auflagen von kommunalen Versammlungsbehörden für Rechtsrock-Konzerte gekippt. Im südthüringischen Themar hatte 2017 das größte Rechtsrock-Konzert der deutschen Nachkriegsgeschichte stattgefunden: Etwa 6000 Rechtsextreme aus ganz Europa waren nach Zählungen der Polizei damals in die kleine Stadt gekommen.

© dpa-infocom, dpa:220308-99-427614/2

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