Hirschgarten-Prozess: Junge Frau schildert Todesangst
Im Prozess wegen eines Überfalls vor der Thüringer Staatskanzlei hat eine junge Frau vor dem Landgericht Erfurt ihre Todesangst geschildert. Sie selbst sei damals zu Boden gebracht und von vier Männern angegriffen worden, sagte die 34-Jährige am Freitag vor Gericht. «In dem Moment, wo das passiert ist, habe ich gedacht, dass das mein letzter Moment ist.» Als sie am Boden gelegen habe, sei ihr klar geworden, dass sie körperlich unterlegen sei und sie es mit Angreifern zu tun habe, die ihrem Eindruck nach «kampferfahren» gewesen seien. Vor dem Angriff habe sie versucht, ihre Freunde zu beschützen.
Die Staatsanwaltschaft Erfurt hat in dem Verfahren fünf Männer im Alter zwischen 24 und 32 Jahren angeklagt. Sie wirft ihnen vor, sich im Juli 2020 am Überfall auf zahlreiche junge Menschen im Hirschgarten - einer Grünanlage vor der Staatskanzlei - beteiligt zu haben. Die Angeklagten hätten dabei immer wieder mit ihren Fäusten auf ihre Opfer eingeschlagen und einzelne von ihnen auch getreten, hatte ein Staatsanwalt bei der Verlesung der Anklage gesagt. Alle Angeklagten haben vor Gericht inzwischen eingeräumt, an dem Überfall beteiligt gewesen zu sein.
Dieser Prozess vor dem Landgericht ist bereits das dritte Gerichtsverfahren, das wegen des Überfalls vor der Staatskanzlei stattfindet. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft sind dabei die mutmaßlichen Rädelsführer des Angriffs angeklagt. Zuletzt waren wegen des Überfalls bereits zwei Prozesse vor dem Amtsgericht Erfurt gegen insgesamt neun Angeklagte geführt worden. Die meisten von ihnen sind inzwischen rechtskräftig wegen ihrer Beteiligung an dem Übergriff verurteilt worden.
Die nun als Zeugin gehörte Frau sprach von einer düsteren Atmosphäre, die unmittelbar vor dem Angriff und während der Gewalttat geherrscht habe. Es sei dabei kaum gesprochen worden. «Das hat eine sehr gruselige Stimmung erzeugt», sagte sie. Sie habe gesehen, wie mehrere Angreifer auf mindestens eine Person eingeschlagen und -getreten hätten, die bereits wehrlos vor der Eingangstür der Staatskanzlei gelegen habe. Als sie selbst auf den Boden gelegen habe, habe sie aus Angst die Augen geschlossen.
Sie selbst habe infolge des Überfalls neben einer Platzwunde am Kopf auch Prellungen an beiden Ellenbogen und der linken Schulter als Verletzungen davongetragen. Noch immer leide sie an den psychischen Folgen des Übergriffs. «Ich bin nicht mehr so stressresistent, wie ich es mal war», sagte sie. In ihrem Beruf habe sie deshalb inzwischen die Zahl ihrer wöchentlichen Arbeitsstunden reduziert. Sie nehme noch immer Medikamente gegen posttraumatische Belastungsstörungen.
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