Eine Hebamme hört die Herztöne eines Babys ab., © Uli Deck/dpa/Archivbild
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Hebammenverband: Lücken in Versorgung schließen

05.05.2023

Der Hebammenlandesverband hat in Thüringen vor einer weiteren Verschlechterung der Versorgung für Schwangere vor allem in ländlichen Regionen gewarnt. Die Vorschläge einer Regierungskommission des Bundes zur Krankenhausreform ließen eine weitere Zentralisierung befürchten, sagte die erste Vorsitzende des Verbandes, Annika Wanierke, der Deutschen Presse-Agentur zum Internationalen Hebammentag am 5. Mai. «Kurze Wege zum Kreißsaal sind ein wichtiger Sicherheitsaspekt für Mutter und Kind.»

Bereits jetzt gebe es in Süd- und Ostthüringen Lücken in der Versorgung. Während der Corona-Pandemie wurden laut Wanierke die Geburtsstationen in Greiz, Schleiz und Hildburghausen geschlossen. «Die umliegenden Krankenhäuser waren darauf weder personell noch strukturell vorbereitet.» Schwangere hätten in dieser Gegend nun einen deutlich längeren Weg zum Kreißsaal als die vom Bund vorgegebenen 40 Minuten. Sie würden zur Geburt nun teilweise auch in die benachbarten Bundesländer nach Sachsen und Bayern fahren.

«Die Geburtshilfe zählt zur Grundversorgung und ist kein Luxus», betonte Wanierke. Sie müsse rund um die Uhr flächendeckend und schnell erreichbar sein. Daher müssten vorhandene Lücken geschlossen werden. «Wir sind auch offen für innovative Modelle wie eine Hebammengeleitete Station im ländlichen Raum.» Laut Wanierke ist in der Thüringer Politik ein starker Wille zum Erhalt der ländlichen Geburtshilfe zu spüren. Der Verband werde beispielsweise auch bei der Erarbeitung des künftigen Landeskrankenhausplans gehört.

Die Linke-Landtagsfraktion betonte, dass die wohnortnahe Geburtshilfe im ländlich geprägten Thüringen von besonderer Bedeutung sei. Deshalb seien im diesjährigen Haushalt rund vier Millionen Euro zur Sicherung der Geburtsstationen eingestellt worden. Die CDU-Fraktion erklärte dazu, gute Familienpolitik fange schon vor der Geburt an.

Nach Ansicht der Grünen braucht es als ersten Anlaufpunkt dort Hebammenzentren, wo es keine Geburtsstationen mehr gibt. «Die Krise der Geburtshilfe ist ernst, und so sollte sie auch behandelt werden», sagte Landessprecherin Ann-Sophie Bohm. Von einer selbstbestimmten Geburt, die neben einer individuellen Betreuung auch die Wahlfreiheit des Geburtsortes umfasse, seien die meisten Thüringer Orte weit entfernt.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant eine Krankenhausreform und ist dazu mit den Ländern im Gespräch. Das im Dezember vorgelegte Konzept der Expertenkommission ist die Grundlage, an der sich die Gesetzespläne orientieren sollen. Im Blick steht dabei auch, das Kliniknetz in drei Versorgungsstufen einzuordnen und entsprechend zu finanzieren - von der wohnortnahen Grundversorgung über eine zweite Stufe mit weiteren Angeboten bis zu Maximalversorgern wie Universitätskliniken.

Nach jüngsten Angaben des Statistischen Bundesamtes bieten in Deutschland immer weniger Krankenhäuser Geburtshilfe an. Demnach führten im Jahr 2021 nur noch 32,4 Prozent der 1887 Krankenhäuser bundesweit Entbindungen durch. 1991 waren es noch 49,2 Prozent von damals insgesamt 2411 Krankenhäusern.

Der Verband vertritt in Thüringen nach eigenen Angaben die Interessen von 475 Hebammen.

© dpa-infocom, dpa:230505-99-567516/3

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