Haseloff und Woidke gegen Volksabstimmung über Grundgesetz
Die Ministerpräsidenten von Brandenburg und Sachsen-Anhalt, Dietmar Woidke (SPD) und Reiner Haseloff (CDU), lehnen eine Volksabstimmung über das Grundgesetz ab. Sie stellten sich in einem Bericht des Magazins «Stern» (Donnerstag) gegen einen entsprechenden Vorschlag ihres Kollegen aus Thüringen, Bodo Ramelow (Linke). «75 Jahre nach seiner Verkündung sollte es nicht darum gehen, über das Grundgesetz abzustimmen, sondern vielmehr es weiter mit Leben zu füllen, es zu achten und zu bewahren», sagte Haseloff dem Bericht zufolge.
Ramelow hatte in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» darauf hingewiesen, dass eine solche Abstimmung im Artikel 146 des Grundgesetzes bereits angelegt sei. Der Artikel befristet die Gültigkeit des Grundgesetzes auf den Tag, «an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist». Ein solcher Schritt würde in Ostdeutschland eine «emotionale Fremdheit» gegenüber dem Grundgesetz überwinden helfen und sei auch nötig, weil es viele Verschwörungstheoretiker gebe, die aus Artikel 146 herleiteten, dass es die Bundesrepublik nicht gebe. Der 75. Jahrestag des Grundgesetzes steht an diesem Donnerstag an, er bezieht sich auf die Verkündung des Grundgesetzes durch den Parlamentarischen Rat 1949.
«Es gibt weiterhin bestehende Ungerechtigkeiten zwischen Ost und West, die endlich abgebaut werden müssen», wird Woidke vom «Stern» zitiert. «Von Volksabstimmungen zum Artikel 146 Grundgesetz hat kein einziger Ostdeutscher etwas.» Das Grundgesetz sei seit 75 Jahren Basis für Freiheit, Wohlstand und Entwicklung in Deutschland. Er halte die Abschaffung des Artikel 146 für den besseren Weg, sagte Woidke.
Das Grundgesetz habe sich über Jahrzehnte auch im Osten bewährt, sagte Haseloff dem «Stern». «Wir Ostdeutschen wollen nicht bei Feierlichkeiten und Festreden Berücksichtigung finden, sondern dort, wo Entscheidungen fallen: zum Beispiel in Führungspositionen bei Unternehmen, Gremien und Bundesbehörden.» Hier seien Ostdeutsche immer noch unterrepräsentiert.
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