Eine Figur der blinden Justitia., © Sonja Wurtscheid/dpa/Symbolbild
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Haftstrafe für Richter wegen Corona-Masken-Urteil gefordert

18.08.2023

Ein Familienrichter, der 2021 mit seiner Entscheidung die Corona-Maskenpflicht an zwei Weimarer Schulen kippen wollte, soll nach dem Willen der Staatsanwaltschaft für drei Jahre ins Gefängnis. Der Jurist habe sich der Rechtsbeugung schuldig gemacht, indem er im Verborgenen und «mit hoher krimineller Energie» ein Kinderschutzverfahren aufgesetzt habe, sagte die Staatsanwältin am Freitag vor dem Landgericht Erfurt.

«Er wollte ein Fanal gegen die seinerzeit bestehenden staatlichen Maßnahmen setzen», sagte die Staatsanwältin. Dabei habe der Richter sich willkürlich von Recht und Gesetz entfernt und dabei «den Rechtsstaat mit Füßen getreten.»

Im April 2021 hatte der Familienrichter mit einem von ihm verfassten Beschluss verfügt, dass die Kinder an zwei Schulen in Weimar entgegen des damals geltenden Hygienekonzepts des Thüringer Bildungsministeriums keine Corona-Masken im Unterricht tragen müssten. Seine Entscheidung ist durch Folgeinstanzen inzwischen aufgehoben worden. Er war gar nicht zuständig.

Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft hat der jetzige Prozess bewiesen, dass der Richter über Wochen hinweg gezielt in verschiedenen Netzwerken nach Kindern gesucht hatte, für die er ein Verfahren gegen die Maskenpflicht führen konnte. Dabei habe er schließlich zwei Kinder gefunden, deren Eltern ihm die Einleitung eines Kinderschutzverfahrens ermöglichten.

Diese seien für ihn aber nur Mittel zum Zweck gewesen, um gegen Corona-Schutzmaßnahmen vorzugehen, sagte die Staatsanwältin. «Die Kinder waren nur Marionetten, Namensgeber für dieses Verfahren.» Das zeige sich auch darin, dass die Gutachter, auf die er seinen Beschluss gestützt hatte, von ihm niemals den Auftrag erhalten hätten, die beiden Kinder zu begutachten. «Diese Kinder haben ihn null interessiert», sagte die Staatsanwältin.

Schon indem der Familienrichter seinen Beschluss für alle Schüler der beiden Weimarer Schulen erließ, habe er bewusst gegen geltendes Recht verstoßen, sagte die Staatsanwältin. Er sei nach dem Geschäftsverteilungsplan des Amtsgerichts gar nicht für alle Kinder der beiden Schulen zuständig gewesen. Zudem hätten alle Eltern der beiden Schulen angehört werden müssen.

Die Verteidiger des Mannes kamen in dem Prozess zu einer ganz anderen Schlussfolgerung und verlangten einen Freispruch. Dass sich der Familienrichter angesichts der massiven Corona-Beschränkungen damals schon vor dem Verfahren Gedanken darüber gemacht habe, ob damit das Wohl von Kindern gefährdet werde, sei legitim und nachvollziehbar, sagte einer der Anwälte. «Das ist doch nicht im Ansatz angreifbar, nicht im Ansatz.» Ohnehin seien die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen insbesondere gegenüber Kindern völlig überzogen gewesen.

Der zweite Verteidiger des Mannes bestritt zudem unter anderem, dass vor dem Erlass des Beschlusses alle Eltern der zwei Weimarer Schulen hätten angehört werden müssen. Es müsse deshalb einen «zwingend erforderlichen Freispruch» für den Angeklagten geben.

Das Urteil soll in der nächsten Woche verkündet werden.

© dpa-infocom, dpa:230818-99-878496/3

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