Der Thüringer Verfassungsgerichtshof., © Martin Schutt/dpa
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Grüne: Verfassungsgericht besser vor Einflussnahme schützen

04.03.2024

In der politischen Auseinandersetzung mit der AfD wollen die Thüringer Grünen weg von einer Verengung auf die Frage eines Verbotsverfahrens dieser Partei. Unabhängig davon müssten auch andere rechtsstaatliche Mittel genutzt werden, um zu verhindern, dass die AfD demokratische Institutionen aushebeln könne, sagte die Grüne-Innenpolitikerin Madeleine Henfling der Deutschen Presse-Agentur.

Beispielsweise müsse auch darüber nachgedacht werden, wie der Thüringer Verfassungsgerichtshof so geschützt werden könne, dass die AfD diese Institution weder lahmlegen noch durch ihr nahestehende Richter unterwandern könne. «Da müssen sich mal alle Demokraten fragen, was ihnen wichtiger ist: parteipolitisches Geplänkel oder der Schutz unserer demokratischen Institutionen», sagte Henfling.

In der Bundespolitik gibt es seit Wochen eine Debatte darüber, ob die rechtlichen Grundlagen für die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts geändert werden müssen. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob im Grundgesetz festgeschrieben werden sollte, dass die Richter des obersten deutschen Gerichts mit einer Zweidrittel-Mehrheit von Bundestag beziehungsweise Bundesrat gewählt werden müssen. Diese Anforderung ist bislang in einem Bundesgesetz geregelt, das sich mit einer einfachen Parlamentsmehrheit ändern ließe. Stünde diese Voraussetzung in der Verfassung, ließe sie sich nur mit einer Zweidrittel-Mehrheit ändern.

Während sich die Ampel-Fraktionen im Bund offen dafür zeigen, die entsprechende Regelung im Grundgesetz zu verankern, waren aus der Union zuletzt unterschiedliche Signale dazu gekommen. Ohne die Zustimmung der Union kann das Grundgesetz nicht geändert werden.

In Thüringen wird am 1. September ein neuer Landtag gewählt. Nach mehreren Meinungsumfragen erscheint es möglich, dass die AfD-Fraktion eine Sperrminorität im Landtag erhalten könnte. Sollte sie dort mehr als ein Drittel der Abgeordneten stellen, könnte das neugewählte Parlament nach Angaben der Landtagsverwaltung nach der derzeitigen Rechtslage ohne die Zustimmung der AfD keine Verfassungsrichter mehr wählen. Die Thüringer AfD wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.

Denkbar sei etwa, dem Thüringer Verfassungsgerichtshof über eine Änderung der Landesverfassung ein sogenanntes Selbstergänzungsrecht zuzuschreiben, sagte Henfling. Das Gericht solle also selbst darüber bestimmen, wer Verfassungsrichter wird, wenn es dem Landtag innerhalb einer bestimmten Frist nicht gelingen sollte, neue Verfassungsrichter zu wählen. Möglich sei aus ihrer Sicht auch, über ein «Besetzungsgremium» bei der Wahl von Verfassungsrichtern nachzudenken. Dort könnten zum Beispiel die Präsidenten der Thüringer Obergerichte vertreten sein, um Verfassungsrichter zu bestimmen. Außerdem sei darüber zu diskutieren, ob die Amtszeit von Thüringer Verfassungsrichtern von derzeit sieben auf zwölf Jahre verlängert werden solle, sagte Henfling.

Grundsätzlich sei wichtig, nicht ständig nur über ein potenzielles Verbot der AfD oder einzelner Teile dieser Partei durch das Bundesverfassungsgericht zu debattieren, sagte Henfling. «Es gibt noch viel mehr rechtliche Möglichkeiten; Dinge, die zu unserer wehrhaften Demokratie dazu gehören, die wir bislang einfach nicht oder nicht ausreichend nutzen.»

© dpa-infocom, dpa:240304-99-210105/2

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