Die Band City spielt mit ihren Mitgliedern Manfred Hennig (l-r,Keyboarder), Fritz Puppel (Gitarrist), Toni Krahl (Sänger) und Georgi Gogow (nicht im Bild, Geige) live auf ihrer Abschiedstour in der Berliner Mercedes-Benz Arena., © Annette Riedl/dpa
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Gründer der Kult-Band City ist tot

Fritz Puppel stirbt im Alter von 79 Jahren

22.02.2024

Aus einem jungen Gitarrenlehrer wurde der Gründer einer der erfolgreichsten DDR-Rockbands. Und ein Gitarrist, der noch mit weit über 75 Jahren die Bühne rockte.

Fritz Puppel, der 1972 die Band City gegründet hatte, war bis zu deren Auflösung 50 Jahre später durchgängig dabei. Am 10. Februar ist er unerwartet im Alter von 79 Jahren gestorben, wie City-Sänger Toni Krahl der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag sagte.

«In der Gewissheit, dass seine, unsere Musik, über alles Irdische hinaus Bestand haben wird, verneigen wir uns vor einem ganz, ganz Großen. Fritz, wir danken Dir für Deine Inspiration, Deine Kraft, Deinen Mut und Deine Musik»

Mit kühlem Kopf sei Puppel ständig der inspirierende Motor für anstehende Herausforderungen gewesen.

ANTENNE THÜRINGEN Moderator Thomas Ostermann zu seinem Tod: 

Da ist Traurigkeit in mir, seit ich von der Todes-Nachricht von Fritz Puppel erfahren habe. Persönlich habe ich ihn zwar nicht gekannt. Fritz Puppel wollte 1971 mit Klaus Selmke einfach nur Musik machen, schnörkellosen Rock, so entstand CITY. Und wie oft stand ich „AM FENSTER“ – ihre Musik geht mir bis heute „UNTER DIE HAUT“, bis „CASABLANCA“ über den „PFEFFERMINZHIMMEL“ hinaus. Danke Fritz, jetzt bist du bei Klaus, wie damals, 1971. Let’s rock!  Danke CITY – ihr seid eine Bestandteil meines Lebens.

Puppel, wenige Monate vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs geboren, wollte immer nur Musik machen. «Weil das für mich die einzige Möglichkeit war, sich in der DDR außerhalb vorgegebener Bahnen zu bewegen», erklärte er kurz vor der Jahrtausendwende. Doch zunächst hatte seine Mutter dem jugendlichen Fritz eine Lehrstelle als Werkzeugmacher beschafft. Zugleich machte er an der Abendschule das Abitur.

Dann ging es mit der Musik los - aber noch nicht mit City, sondern zunächst mit den Lunics. 1963 gründete Puppel diese Band mit dem späteren Puhdys-Sänger Dieter «Maschine» Birr. Doch im Mai 1965 wurden Fritz und «Maschine» zur NVA einberufen - die Lunics-Ära endet. Nach der Armee begann Puppel 1966 ein Studium zum Diplomlehrer für Polytechnik. Parallel dazu besuchte er die Musikschule Friedrichshain - und wurde dort nach dem Abschluss Gitarrenlehrer. Aber wenig später kündigte er wieder. Der Grund: Er war unterdessen ein gefragter Musiker, spielte als Gitarrist im Studio, etwa für Frank Schöbel, und stand live als Ersatzmusiker auf der Bühne.

City - Am Fenster war einer der größten Hits in der DDR

1972 gründete Puppel mit dem Schlagzeuger Klaus Selmke die City Band. Sie holten einen Organisten, einen Bassisten und einen Sänger hinzu. «Plötzlich gehst du an der Litfaßsäule vorbei, und da steht City», berichtete Puppel 30 Jahre später. Am 3. Februar spielte die Band im Artur-Becker-Club in Berlin-Köpenick vor etwa 200 Zuhörern. Im Repertoire: Lieder etwa von den Rolling Stones und Jimi Hendrix. Damit Jugendliche in der DDR die Songs ihrer Lieblingsbands aus den Hitparaden der West-Sender live hören konnten, spielten ab den 70-er Jahren die DDR-Rocker diese nach.

«Die Leute waren zu uns freundlich, weil man damals dieser Musik gegenüber freundlich war», berichtet Puppel Jahre später. Nach mehreren Band-Umbesetzungen komponierten die City-Musiker dann eigene Songs - auf Deutsch. «Einmal wissen, dieses bleibt für immer. Ist nicht Rausch, der schon die Nacht verklagt» - mit diesen Zeilen der Lyrikerin Hildegard Maria Rauchfuß katapultierte sich die Band, die nun nur noch City heißt, 1977 in die Charts im fernen Griechenland und bekam als erste DDR-Band überhaupt eine «Goldene Schallplatte». Der Hit, der danach vielfach gecovert wurde, heißt «Am Fenster».

Ob «Der King vom Prenzlauer Berg», «Wand an Wand» oder «Glastraum»: Obwohl - oder gerade weil - sich viele Texte am Rande des in der DDR Erlaubten bewegen, gehörten die Berliner mit dem charismatischen Sänger Krahl zu den erfolgreichsten Musikern der DDR.

Und dann fiel die Mauer - genau an dem Tag, als das City-Album «Keine Angst» erschien. Musik aus der DDR wollte nun erstmal kaum jemand hören. Doch während die meisten anderen DDR-Musiker in ein tiefes Karriere-Loch fielen, standen Puppel und Krahl einfach weiter auf der Bühne - in kleineren Clubs, mit Gastmusikern. Und sie gründeten die private Plattenfirma K&P Music.

Ab 1995 war City dann wieder in der Vor-Mauerfall-Besetzung unterwegs. Die Fans kehrten zurück, auch große Konzerthallen füllten sich wieder. Beim 40. Bandjubiläum sagte Puppel 2012: «Es ist ein gelebter Traum. Es ist ein Dauertraum.» Seine Erkennungszeichen im höheren Alter: Cowboyhut (oder Glatze) und eine schmale getönte Brille. Fit hielt er sich mit regelmäßigem Jogging.

Zwei Jahre vor dem 50. Jubiläum starb Schlagzeuger Klaus Selmke an Krebs. Ein Schock für seine Kollegen. Sie beschließen, dass City am Ende des 50. Jahres die Bühne verlässt. «Wir wollen's mal versuchen, wenn's am schönsten ist, aufzuhören. Und nicht die Sache zu verplempern», so Puppel dazu. Am 30. Dezember 2022 verabschiedete sich die Band in der Berliner Mercedes-Benz-Arena vor tausenden Fans. Über seine Pläne danach sagte Puppel vor 14 Monaten: «Ich will mehr joggen und viel verreisen. Das ist alles auf der Strecke geblieben.»

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