Gewerkschaft: Interessen der jungen Generation sind anders
Früher war sie begehrt, heute scheint sie oft nicht mehr zu locken: Laut der Vorsitzenden der Thüringer Gewerkschaft der Polizei (GdP), Mandy Koch, hat die Verbeamtung für den Polizeinachwuchs in spe oftmals ihren Reiz verloren. «Früher war die Sicherheit eines Beamtenverhältnisses erstrebenswert», sagte Koch der Deutschen Presse-Agentur. Für jungen Leute sei die lange Bindung an einen Arbeitgeber aber erfahrungsgemäß gar nicht mehr so relevant.
Wichtiger sei vielmehr, dass man sich moderner und zukunftsorientierter aufstelle, sagte Koch. Für den Nachwuchs zähle vor allem die Digitalisierung, die Bezahlung und die sogenannte Work-Life-Balance, die der Arbeitgeber biete. Die Thüringer Polizei muss aus Sicht der Vorsitzenden im Wettkampf mit der Wirtschaft und anderen Unternehmen zügig als Arbeitgeber attraktiver werden.
Man verliere Interessierte - auch an den Zoll, die Bundespolizei oder die Polizeien anderer Bundesländer. «Ganz schlecht wollen wir uns nicht reden - aber es ist ausbaufähig, da müssen wir uns breiter aufstellen», sagte Koch.
Eine Drehschraube, die etwa nachgezogen werden müsse, sei die aktuell nicht gegebene Unterbringung in der Meininger Polizeischule. Hier werden die angehenden Landespolizisten auf ihren Dienst vorbereitet und sie gilt als eine der Schlüsselstellen für den Versuch, die Polizei moderner aufzustellen.
Deren Leiter Günther Lierhammer informiert am Donnerstagnachmittag in Meiningen über neue Möglichkeiten der Online-Bewerbung und ein überarbeitetes Eignungs- und Auswahlverfahren. Die Polizeischule in Meiningen besteht aus zwei Teilen: dem Bildungszentrum, in dem Beamte des mittleren Dienstes ausgebildet werden und der Fachhochschule, in der angehende Beamte des gehobenen Dienstes ein Studium durchlaufen.
Die Nachwuchssorgen der Thüringer Polizei sind nicht unbekannt. Die Bewerbungszahlen sind zuletzt laut Innenministerium deutlich zurückgegangen. Mit Stand Januar haben sich den Angaben zufolge rund 500 Männer sowie rund 280 Frauen für eine Einstellung bei der Polizei im Jahre 2022 beworben. Für die 300 Stellen des neuen Jahrgangs lagen somit rund 780 Bewerbungen vor. Im Vorjahr waren es noch 1548. Die ursprüngliche Bewerbungsfrist zu Ende des Jahres wurde bis März verlängert.
Wie viele der Interessierten tatsächlich im Polizeidienst landen, bleibt abzuwarten. Zunächst müssen die Anwärterinnen und Anwärter das im November begonnene Eignungsauswahlverfahren erfolgreich durchlaufen.
Man beobachte jedoch auch, dass einige derjenigen, die den Einstellungstest und die Ausbildung erfolgreich durchlaufen, nicht lange blieben, sagte Koch. «Das ist so, wir haben Kündigungen.» Polizisten und Polizistinnen gingen nach wenigen Berufsjahren, etwa weil die Wirtschaft besser zahle, es auf dem freien Markt eine größere Wertschätzung gebe oder sie sich das System Polizei anders vorgestellt hatten. Hinzu kommen laut Koch Kollegen und Kolleginnen, die in Rente gehen, kündigen oder sterben. «Perspektivisch wird es schwierig, wenn der Nachwuchs ausbleibt.»
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