Gerangel um Unesco-Siegel für Rhön in entscheidender Phase
Im Gerangel um den Erhalt des Unesco-Siegels für das Biosphärenreservat Rhön und Forderungen nach mehr regionaler Wirtschaftsförderung hat Umweltstaatssekretär Burkhard Vogel (Grüne) an die Verantwortung der Kommunen vor Ort appelliert. «Es hängt jetzt auch von den Kommunen ab, wie sie mit dem Siegel umgehen und welche Möglichkeiten sie nutzen, hier eine wirtschaftliche Entwicklung voranzubringen. Es gibt auch eine Eigenverantwortung», sagte Vogel der Deutschen Presse-Agentur. Landräte und Bürgermeister aus der Region hatten sich zuvor mit einer Petition an die Landesregierung gewandt. Darin forderten sie eine Beibehaltung des Windkraftverbots und jährliche direkte Finanzzuweisungen für die Kommunen in der strukturschwachen Region. Am Freitag gab es abschließende Gespräche mit Bürgermeistern vor Ort. Die Stimmung war nach Angaben eines Sprechers positiv.
Vogel sagte vorab, er komme nicht mit einer konkreten Summe an. «Aber es ist schon das Ziel, die Region in den Fokus von Fördermaßnahmen zu setzen.» Allein mit dem Unesco-Siegel werde aber schon Wertschöpfung in der Region geschaffen. Die Erfahrung und Studien zeigten, dass solche Regionen besondere touristische Wertschätzung erfahren. «Die Alternative ist ganz einfach kein Gütesiegel in der Region. Und die Wahrscheinlichkeit, dass sich jetzt eine Chipfabrik oder ein großer Automobilhersteller in der Rhön ansiedelt, ist nicht besonders groß.»
Hintergrund für die Diskussion ist laut Umweltministerium, dass im Thüringer Teil des Biosphärenreservats derzeit zu wenig Kern- und Pflegezone vorgesehen ist. Das sind die Zonen, in denen sich die Natur komplett frei entfalten soll, sowie die Pufferzonen außen herum. Um weiter die Anerkennung der Unesco zu behalten, müssten mehr Flächen innerhalb des Reservats zu Kern- und Pflegezonen werden. Der Flächenanteil der Entwicklungszonen, wo nachhaltige Nutzungs- und Wirtschaftsformen erprobt und umgesetzt werden, müsste schrumpfen. Das stößt bei den Kommunen auf Widerstand. Sie fordern die Rhön-Länder auf, über eine gemeinsame Absicherung der Flächen zu diskutieren, statt nur auf Thüringen zu blicken.
Ziel ist eine überarbeitete Verordnung für das Biosphärenreservat, die laut Vogel bis Anfang kommenden Jahres in Kraft treten soll. Der erste Aufschlag im November 2022 hatte jedoch noch großen Gegenwind verursacht: Rund 1400 Stellungnahmen und Einwände waren laut Ministerium eingegangen. «Wir haben Fehler gemacht. Das liegt aber auch an der Tatsache, dass solche Verordnungen nicht einfach zu lesen sind», sagte Vogel. Er glaube aber, dass die Kritikpunkte nun umfassend aufgenommen wurden und sich das Ministerium weit bewegt habe. «Das ist eine gute Verordnung, die nichts in der Region abwürgt, sondern die Stärken der Region auch zum Leuchten bringt.» Am Montag soll die überarbeitete Fassung öffentlich ausgelegt werden.
Ein Punkt, den die Landräte und Bürgermeister in ihrer Petition befürchteten, ist laut Vogel bereits vom Tisch: «Um da nicht Ängste weiter zu schüren, sieht der Verordnungsentwurf wie schon in der alten Verordnung ein Verbot von Windkraft in der Entwicklungszone vor.» Sprich: Im Biosphärenreservat Rhön soll sich auch bis auf Weiteres kein Windrad drehen.
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