Geld für Akzeptanz? Bürger sollen von Windkraft profitieren
Der Windkraftausbau in Thüringen stockt, nun wollen Linke, SPD und Grüne Bürger am Gewinn mit den Anlagen beteiligen und so für Akzeptanz sorgen. Bei der Opposition stoßen die drei Koalitionspartner damit auf Skepsis. Man müsse zunächst generell über die Sinnhaftigkeit eines weiteren Ausbaus von Windkraft im Freistaat diskutieren, sagte der Sprecher der parlamentarischen Gruppe der FDP, Thomas Kemmerich, am Donnerstag im Thüringer Landtag. Von dieser Frage dürfe man die Bürgerinnen und Bürger nicht durch finanzielle Anreize ablenken. Es entstehe der Eindruck, dass man die Zustimmung der Menschen nun erkaufen wolle.
Die AfD lehnte das Vorhaben ab und die CDU zeigte sich zwar offen. Der energiepolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Thomas Gottweiss, sprach aber von einer «Grundskepsis», mit der man das Gesetz betrachte.
Der Entwurf zum Windbeteiligungsgesetz sieht im Kern vor, dass Windkraftbetreiber den Bürgern und Kommunen vor Ort einen bestimmten Betrag pro erzeugter Kilowattstunde zahlen müssen. Dafür sind im Entwurf mehrere Modelle enthalten:
- Das Standardmodell sieht vor, dass Kommunen 0,2 Cent pro Kilowattstunde erhalten.
- Auch Bürger im Umkreis der Windenergieanlage sollen nach dem Entwurf Geld erhalten, nämlich die Hälfte der Abgabe an die Kommunen, also derzeit 0,1 Cent pro Kilowattstunde.
- In der Summe soll es demnach mindestens 0,3 Cent pro Kilowattstunde für Kommunen und Bürger geben. Grünen-Abgeordnete Laura Wahl sagte, dies sei die Mindestabgabe. «Diese Standardlösung greift in jeden Fall.»
- Möglich sind jedoch auch alternative Modelle, die eine Kommune vom Anlagenbetreiber verlangen kann. So sieht der Entwurf in seiner derzeitigen Fassung einen lokalen Stromtarif als Möglichkeit vor, Schenkungen für ein lokales Wärmenetz oder direkte Stromlieferungen.
- Weigert sich der Betreiber, eines der Modelle umzusetzen, soll eine Ausgleichsabgabe in Höhe von 0,5 Cent pro Kilowattstunde an die Kommune fällig werden.
Wird der Entwurf verabschiedet, würde Thüringen mit diesen Regeln deutlich weitergehen als es die Vorgaben im Erneuerbare Energien Gesetz des Bundes vorsehen. Der Gesetzentwurf wurde in Ausschüsse zur Beratung überwiesen.
Mit dem neuen Windbeteiligungsgesetz wollen Linke, SPD und Grüne mehr Akzeptanz von Windkraftanlagen in Thüringen erreichen. Hintergrund ist auch, dass bis Ende 2032 die ausgewiesene Fläche für solche Anlagen im Freistaat von derzeit 0,4 Prozent auf 2,2 Prozent der Landesfläche steigen soll.
Thüringens Umweltminister Bernhard Stengele (Grüne) sagte, die Bereitstellung von Erneuerbaren Energien sei inzwischen zur Standortbedingung geworden. «Die Wirtschaft verlangt nach der Windkraft», sagte er.
Der CDU-Abgeordnete Gottweiss gab zu Bedenken, dass Bürgerinnen und Bürger Einnahmen aus den Windparks bei der Steuererklärung angeben und gegebenenfalls auch Steuern auf sie zahlen müssten. Sinnvoller sei der lokale Stromtarif, der auch im Entwurf enthalten sei. Linke, SPD und Grüne haben in Thüringen keine eigene Mehrheit im Parlament und sind in der Regel auf vier Stimmen aus der Opposition angewiesen.
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