Geflüchtetenunterkunft Hermsdorf geschlossen
Die umstrittene Notunterkunft für Flüchtlinge in Hermsdorf ist geschlossen worden. Nach Angaben des Thüringer Innenministeriums wurde die Unterbringung von Flüchtlingen in der ehemaligen Logistikhalle am Freitag beendet und der Betrieb der Einrichtung damit eingestellt. Die letzten 27 dort lebenden Menschen seien am Freitagmorgen per Bus in den Landkreis Sömmerda verlegt worden, hieß es. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte: «Eins ist klar: Wir wollen hier keine Menschen mehr unterbringen.»
Land behält Halle
Maier bezeichnete den Leerzug der Halle als «Meilenstein». Die Anlage werde jetzt komplett gereinigt. Sie soll weiterhin vom Land genutzt werden. «Wir sind froh, dass wir die Halle haben und werden sie behalten», sagte Maier. Eine Unterbringung von Menschen dort werde es in Zukunft aber nur «im extremen Notfall» wieder geben.
Das Land hatte die Halle im April 2022 als Flüchtlingsunterkunft angemietet. Schon damals hieß es von der Thüringer Landesregierung, Menschen sollten dort nur in Ausnahmefällen und nur für wenige Tage leben. Erstmalig waren dort im Januar 2023 Menschen untergebracht worden. Im November 2023 hatten dann dort mehr als 700 gelebt.
Problematische Zustände
Die Bedingungen in der Halle galten insbesondere in den Zeiten hoher Belegungszahlen als katastrophal. Die Menschen dort hatten kaum Privatsphäre, die hygienischen Zustände waren schlecht. Bis zu acht Personen hätten auf etwa 22 Quadratmetern leben müssen, sagte der für die Sozialbetreuung in der Halle zuständige Abteilungsleiter des Deutschen Roten Kreuz Gera, Ronny Boost. Die einzelnen Bereiche waren nur durch Bauzäune voneinander abgetrennt. Dass aufgrund der Vielzahl der dort lebenden Menschen zwischenzeitlich die verfügbaren Steckdosen knapp geworden waren, habe ebenso zu Konflikten geführt wie die Ausstattung der Toiletten, sagte Boost. «Die Halle ist niemals für das alles gedacht gewesen.»
Die Linke-Landtagsabgeordnete und Migrationspolitikerin Katharina König-Preuss hatte die Unterkunft in der Vergangenheit als «Halle des Elends» bezeichnet. Anfang März wurde eine Petition an den Petitionsausschuss des Landtages gerichtet, mit der die Schließung «des Lagers und eine zügige Umverteilung der Menschen in eine menschenwürdige Wohnsituation» gefordert wurde. Nach Angaben der Initiatoren dieser Eingabe hatten etwa 2100 Menschen die Petition unterzeichnet.
2000 Erstaufnahmeplätze
Für die Zukunft sei denkbar, die Halle als Notreserve für die kurzfristige Unterbringung von Menschen, auch für den Fall von Naturkatastrophen, zu nutzen oder auch als Lagerhalle etwa für Katastrophenschutzmaterial, sagte Maier.
Landesweit gibt es nun nach Angaben des Präsidenten des Thüringer Landesverwaltungsamtes, Frank Roßner, etwa 2000 Plätze in der Erstaufnahme des Freistaats. Davon sind nach Angaben Maiers derzeit etwa 1400 Plätze mit Flüchtlingen belegt. Die meisten von ihnen sind in der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl untergebracht, wo derzeit etwa 920 Menschen leben.
Weniger Flüchtlinge
Dass es derzeit verhältnismäßig viele freie Plätze in den Einrichtungen gibt, liegt nach Einschätzungen von Maier und Roßner an mehreren Gründen: Erstens seien in den vergangenen Monaten vergleichsweise wenige Flüchtlinge nach Thüringen gekommen. Zweitens liefen die Asylverfahren inzwischen oft schneller. Und drittens laufe die Verteilung der Menschen aus der Erstaufnahme an die Kommunen besser. Außerdem waren zuletzt unter anderem in Jena und Gera weitere Erstaufnahmestandorte eröffnet worden und Menschen, deren Asylantrag abgelehnt worden sei, würden abgeschoben.
Weil die Flüchtlingszahlen zum Jahresende hin allerdings nach den Erfahrungen aus den vergangenen Jahren wieder steigen könnten, wolle das Land in den nächsten Wochen und Monaten weitere neue Standorte für die Erstaufnahme in Betrieb nehmen, sagte Maier. «Wir werden weitere Immobilien erschließen für die Erstaufnahme.»
© dpa-infocom, dpa:240614-99-393970/5