Gedenkstätte: Krieg für KZ-Überlebende besonders tragisch
Der Krieg in der Ukraine ist für KZ-Überlebende nach Ansicht des Leiters der Gedenkstätte Buchenwald besonders tragisch. Von Überlebenden sowohl aus Russland, als auch aus der Ukraine werde es als schlimm empfunden, gemeinsam gegen die Nationalsozialisten gekämpft zu haben und nun auf zwei verschiedenen Seiten zu stehen, sagte der Historiker Jens-Christian Wagner der Deutschen Presse-Agentur. «Und natürlich ist es besonders tragisch für die ukrainischen KZ-Überlebenden, die mit den russischen Häftlingen in den Lagern gelitten haben, und die nun im Luftschutzkeller sitzen und von russischen Bomben mit dem Leben bedroht werden.»
Dass Russlands Präsident Wladimir Putin den Militäreinsatz unter anderem mit den Worten eingeleitet hatte, es gehe ihm um eine «Entnazifizierung» der Ukraine, werde von den Überlebenden mit Empörung zurückgewiesen. «Putin blendet aus, dass die Ukraine genau wie Russland im Zweiten Weltkrieg gegen den Nationalsozialismus gekämpft hat», sagte Wagner weiter. Das Leid der Betroffenen werde dadurch nicht nur relativiert, sondern komplett in Frage gestellt.
Schon vor einigen Jahren habe es von Seiten der Separatisten in der Ostukraine geheißen, es seien ukrainische Faschisten, die man bekämpfen müsse. «Als jemand, der im KZ gesessen hat, zu hören, man gehöre zu einer Gruppe von Faschisten und Neonazis, das ist schon starker Tobak», sagte Wagner. Man dürfe aber auch nicht verschweigen, dass etwa Neonazis aus mehreren europäischen Ländern im sogenannten Asow-Regiment in der Ukraine kämpften. Die Regierung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sei aber in der Vergangenheit auch rigide gegen ähnliche Gruppierungen vorgegangen.
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