Eine Praktikantin liest in einer Kita Kindern vor., © Sebastian Gollnow/dpa/Illustration
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Flüchtlingsaufnahme: Mehr Flexibilität bei Kita-Aufnahme

31.03.2022

Thüringer Kommunen wollen mehr Spielraum bei der maximalen Auslastung von Kindergärten, um allen geflüchteten ukrainischen Kindern einen Platz zu bieten. Es müsse möglich sein, schnell und unbürokratisch zu helfen, sagte der Präsident des Gemeinde- und Städtebundes, Michael Brychcy am Donnerstag in Erfurt. Wenn ein Kindergarten für 200 Kinder zugelassen sei, sollte es angesichts der steigenden Zahl ukrainischer Flüchtlinge möglich sein, auch 250 Kinder dort zu betreuen. «Dann ist es eben ein bisschen enger.» Allerdings müssten dafür die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden.

Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zeigte sich grundsätzlich offen für Übergangsregelungen. Es dürfe niemand im Regen stehen bleiben, wenn Kinder in einem Kindergarten aufgenommen werden sollen. «Menschen, die jetzt Schutz suchen, denen müssen wir Schutz gewähren. Und dazu gehört eben auch, den Kindern den Zugang zu Betreuung und Bildung zu ermöglichen.»

Die Aufnahme von Kindern in den Kindergärten ist nach dem Gesetz unter anderem durch den Betreuungsschlüssel limitiert. Dieser gibt an, um wie viele Kinder sich eine Erzieherin oder ein Erzieher maximal gleichzeitig kümmern sollte. Festgeschrieben ist dieses Betreuungsverhältnis im Kindergartengesetz. Es sieht derzeit zum Beispiel vor, dass bei den Ein- bis Zweijährigen maximal sechs Kinder auf eine Erzieherin kommen. Bei den Vier- bis Fünfjährigen sollen es maximal 14 Kinder sein. In den vergangenen Jahren wurde der Betreuungsschlüssel teilweise verbessert, er bleibt aber noch hinter den Empfehlungen von Experten zurück.

Sowohl Ramelow als auch Brychcy zeigten sich skeptisch, extra das Gesetz zu ändern, um mehr Kapazitäten in den Kindergärten zu schaffen. «Es muss doch in unserem Land möglich sein, in außergewöhnlichen Situationen auch außergewöhnlich reagieren zu können», sagte Brychcy.

Bildungsminister Helmut Holter (Linke) bekräftigte, dass alle aus der Ukraine geflüchteten Familien ein Angebot für die Kindertagesbetreuung erhalten sollen. «Die Aufnahme der ukrainischen Kinder soll unbürokratisch und so einfach wie nur möglich sein.» Es müssten jedoch zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Die Familie müsse ihren Wohnsitz angeben und das jeweilige Kind nachweislich gegen Masern geimpft sein.

Laut Holter sollen zunächst alle freien Kapazitäten in den Kindergärten genutzt werden. Aber: «Die Aufnahme von geflüchteten ukrainischen Kindern in Thüringer Kindergärten darf nicht zu dauerhaften Qualitätsverschlechterungen in den Einrichtungen führen.» Inwieweit es kurzfristige Lösungen geben könnte, um bestehende Kapazitätsgrenzen zu weiten, blieb zunächst offen. «Alle Vorschläge zur Aufnahme der ukrainischen Kinder und Beschäftigung von ukrainischen Fach- und Unterstützungskräften werden selbstverständlich geprüft», versicherte der Minister.

In Thüringen wurden bis Donnerstagmorgen mindestens 10.927 ukrainische Flüchtlinge bei unterschiedlichen Behörden erfasst, wie eine Sprecherin des Landesverwaltungsamtes sagte. Die Zahl könnte durchaus noch höher sein, weil sich die Ankömmlinge grundsätzlich zunächst nicht bei Behörden melden müssen. Etwa die Hälfte der Flüchtlinge könnten nach Holters Einschätzung Kinder und Jugendliche sein, die in den nächsten Wochen und Monaten in die Schulen und Kindergärten des Landes kommen.

© dpa-infocom, dpa:220331-99-745913/3

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