Der Polizei-Schriftzug steht auf einem Einsatzfahrzeug., © Christoph Soeder/dpa/Symbolbild
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Etwa 1000 «Reichsbürger» in Thüringen

01.06.2023

In allen Thüringer Landkreisen und kreisfreien Städten leben Sicherheitsbehörden zufolge sogenannte Reichsbürger. Insgesamt würden in Thüringen derzeit etwa 1000 Männer und Frauen dieser Szene zugerechnet, heißt es in der Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten Dirk Bergner (FDP). In den vergangenen Jahren sei es aus dieser Szene heraus auch in Thüringen immer wieder zu Gewalttaten oder Bedrohungen gegenüber Amts- und Mandatsträgern gekommen.

Als «Reichsbürger» werden Menschen bezeichnet, die die Existenz der Bundesrepublik leugnen. Das Milieu ist vielschichtig. Geeint wird es unter anderem durch die Ablehnung der demokratischen Ordnung in Deutschland und den Glauben, die Bundesrepublik sei «besetzt».

Besonders im Landkreis Schmalkalden-Meiningen sind der Antwort zufolge «Reichsbürger» vertreten. Dort liege ihre Zahl im «oberen zweistelligen Bereich», schreibt das Innenministerium. Nur in Erfurt werden der Szene ähnlich viele Menschen zugerechnet. Allerdings lebten in der Landeshauptstadt laut Landesamt für Statistik 2022 etwa 214.000 Menschen, in Schmalkalden-Meiningen dagegen etwa 124.000.

Zuletzt hatte sich etwa während Protesten gegen Corona-Schutzmaßnahmen gezeigt, dass «Reichsbürger» in Schmalkalden-Meiningen in der Öffentlichkeit präsent sind. Ein Sprecher des Landratsamtes hatte erst vor wenigen Wochen erklärt, es sei dort «ein sehr starker Zuwachs» von «Reichsbürger»-Schreiben an die Behörden zu verzeichnen. 2017 hatte ein ehrenamtlicher Bürgermeister aus dem Landkreis für Aufsehen gesorgt, als er Dokumente von «Reichsbürgern» mit offiziellen Siegeln versehen hatte. Damals gab der Mann an, aus Unwissenheit gehandelt zu haben.

In den meisten anderen Landkreisen und kreisfreien Städten Thüringens gibt es nach Angaben des Innenministeriums «Reichsbürger», deren Zahl sich jeweils im unteren oder mittleren zweistelligen Bereich bewegt. Genauere Angaben macht das Ministerium nicht. «Die Veröffentlichung von konkreteren Zahlen würde Rückschlüsse auf die Arbeitsweise, einzelne Beobachtungsinteressen und die Erkenntnislage der Sicherheitsbehörden ermöglichen und somit die Aufgabenerfüllung gefährden», schreibt das Ministerium an Bergner.

Wie gefährlich «Reichsbürger» sein können, zeigte sich etwa 2016 in Bayern, als ein bewaffneter «Reichsbürger» einen Polizisten erschoss. Im Dezember 2022 waren die Bundesanwaltschaft und die Polizei mit Großrazzien im ganzen Bundesgebiet gegen «Reichsbürger» vorgegangen, die einen gewaltsamen Umsturz in Deutschland geplant haben sollen.

© dpa-infocom, dpa:230601-99-898863/2

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