Sebastian Dette stellt den Jahresbericht 2022 vor., © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa
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Etatvolumen steht: Rechnungshof-Kritik an globaler Kürzung

26.01.2022

Thüringens Ausgaben in diesem Jahr sind festgezurrt. Linke, SPD, Grüne und die oppositionelle CDU verständigten sich auf ein Haushaltsvolumen von 11,92 Milliarden Euro, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Steffen Dittes, am Mittwoch in Erfurt. Ein entsprechender Änderungsantrag zum Haushaltsentwurf der Regierung, der Ausgaben von rund 12,1 Milliarden Euro vorsah, sei von den vier Fraktionsvorsitzenden bereits unterschrieben worden.

CDU-Fraktionschef Mario Voigt machte die Zustimmung der größten Oppositionsfraktion zum Landeshaushalt allerdings noch vom Ausgang von Verhandlungen der vier Fraktionsspitzen vor der abschließenden Sitzung des Haushaltsausschusses an diesem Donnerstag abhängig. Dabei geht es um Gesetzesänderungen und Reformprojekte. Seiner Fraktion wolle «die Bremse in Sachfragen lösen» und den Weg für langfristige Reformprojekte in Thüringen ebnen, sagte Voigt.

In einigen Fragen wie der Finanzierung von Dorfläden oder der Reform der Finanzbeziehung von Land und Kommunen gebe es gute Fortschritte, in anderen stecke noch Konfliktpotenzial, so der CDU-Fraktionsvorsitzende. Als Beispiel nannte er das Vergabegesetz, wo die CDU weniger Vorgaben für Unternehmen verlangt, die sich um öffentliche Aufgaben bewerben. Dittes schloss aus, dass sich Rot-Rot-Grün von bestimmten Sozialstandards verabschiede, die Firmen bei öffentlichen Aufträgen einhalten müssen.

Die rot-rot-grüne Koalition hat keine Mehrheit im Landtag. Sie ist bei der Haushaltsentscheidung, die Ende kommender Woche fallen soll, auf Stimmen der CDU angewiesen. Der Chef der FDP-Gruppe im Landtag, Thomas Kemmerich, kündigte an, dass die vier FDP-Abgeordneten dem Haushalt nicht zustimmen wollen. Auch mit der oppositionellen FDP hatte Rot-Rot-Grün Gespräche geführt. «Ich hätte mir gewünscht, dass die FDP nicht einfach aussteigt», sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich.

Sie verwies ebenso wie Dittes und SPD-Fraktionschef Matthias Hey auf schwierige Kompromisse, die im Interesse der Verabschiedung des Haushalts mit der CDU geschlossen wurden. Dazu gehöre eine globale Kürzung des Haushalts um 330 Millionen Euro, die nicht vom Landtag, sondern der Regierung umgesetzt werden soll. Die CDU hatte zunächst 500 Millionen Euro gefordert, ebenso wie die FDP. «Es muss allen klar sein, dass das noch zu Konflikten zwischen Parlament und Regierung führen wird», sagte Dittes. Haushaltsrechtlich geht es um eine globale Minderausgabe - ein Betrag, der im Verlauf des Jahres bei den verschiedensten Ausgabeposten von den Ministerien eingespart werden muss.

Kritik am Einsatz dieses Instruments kam auch vom scheidenden Präsidenten des Thüringer Rechnungshofs, Sebastian Dette. Mit einer globalen Minderausgabe in dieser Höhe verzichte der Landtag auf sein «Königsrecht», die Gestaltung des Haushalts, und delegiert diese Aufgabe an die Verwaltung, sagte Dette der Deutschen Presse-Agentur. Die pauschale Kürzung würde 2,8 Prozent des geplanten Haushaltsvolumens ausmachen. Das wäre der bisher höchste Anteil in einem Thüringer Etat. In vergangenen Jahren habe er maximal zwischen 1,5 und 1,7 Prozent der Gesamtausgaben gelegen.

Der Rechnungshof meldete angesichts der Höhe der pauschalen Kürzung verfassungsrechtliche Bedenken an - wie bereits die Grünen-Fraktion, die nach Angaben von Rothe-Beinlich dazu ein Gutachten in Auftrag geben wird. «Die Verantwortung wesentlicher Richtungsentscheidungen in Bezug auf den Landeshaushalt darf durch die Ausbringung einer zu hohen globalen Minderausgabe nicht auf die Landesregierung übertragen werden», heißt es nach Angaben von Dette in einer Stellungnahme des Rechnungshofs. Über Kürzungen in einer solchen Dimension sollten die Abgeordneten selbst entscheiden.

Die CDU-Fraktion hatte Bedingungen für ihre Zustimmung zum Haushalt gestellt. Dazu gehören längerfristige Projekte wie eine überarbeitete Personal- und Krankenhausplanung des Landes oder eine Änderung des Ladenöffnungsgesetzes. Beim Ladenöffnungsgesetz wurde laut Dittes vereinbar, dass es bei vier verkaufsoffenen Sonntagen in Thüringen bleiben soll, das Genehmigungsverfahren dafür aber vereinfacht wird.

Der Vorsitzende der AfD-Fraktion, Björn Höcke, übte Kritik vor allem an der CDU-Fraktion. «Einen Haushalt über eine globale Minderausgabe rund zu machen, hat das Niveau eines Haushalts für Faule», erklärte er. Der CDU fehle Gestaltungswillen, sie sei ein Steigbügelhalter für Rot-Rot-Grün.

© dpa-infocom, dpa:220126-99-852232/3

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