Nahe der Gedenkstätte Buchenwald sind zwei Bäume abgesägt., © Bodo Schackow/dpa/Archivbild
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Erneut Erinnerungsbäume für KZ-Opfer nahe Weimar beschädigt

24.07.2022

Nahe dem ehemaligen NS-Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar sind erneut zur Erinnerung an KZ-Opfer gepflanzte Bäume beschädigt worden. Bei Schöndorf, einem nahe dem Lager gelegenen Ortsteil von Weimar, seien zwei Bäume umgeknickt worden, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag. An drei weiteren Bäumen seien Rindenteile entfernt worden. Das Landeskriminalamt ermittle wegen politisch motivierter Sachbeschädigung, der Staatsschutz sei eingebunden. Die Beschädigungen waren am Samstagmorgen entdeckt worden. Es ist der zweite derartige Vorfall im Umfeld des ehemaligen Konzentrationslagers binnen weniger Tage.

Die Bäume gehören zu dem vom Lebenshilfe-Werk Weimar/Apolda koordinierten Gedenkprojekt «1000 Buchen». Seit 1999 werden mithilfe privater Spender im Raum Weimar jährlich Bäume für KZ-Opfer gepflanzt. Die Beschädigungen habe eine Frau aus dem Ort entdeckt, sagte die Geschäftsführerin des Lebenshilfe-Werks, Rola Zimmer, der Deutschen Presse-Agentur. Zu vermuten sei, dass sich die Tat im Zeitraum seit dem vergangenen Montag ereignet habe. Am Montag seien die Bäume noch gegossen worden, da seien sie noch unbeschädigt gewesen.

Nach Angaben der ermittelnden Staatsanwaltschaft Erfurt gilt der Gedenkweg als öffentliches Denkmal, wie Sprecher Hannes Grünseisen auf Anfrage sagte. Laut Strafgesetzbuch kann die Beschädigung oder Zerstörung von Denkmälern mit bis zu drei Jahren Gefängnis oder Geldstrafe geahndet werden.

Schöndorf liegt wenige Kilometer entfernt vom einstigen KZ. Die Stelle, an der die beschädigten Bäume gefunden wurden, ist Zimmer zufolge Teil einer Route der «Todesmärsche» von KZ-Häftlingen. Der Begriff steht für die Räumung des Lagers, mit der die Nazis kurz vor dessen Befreiung Anfang April 1945 begonnen hatten. Tausende Häftlinge wurden in Richtung anderer Lager wie Flossenbürg und Dachau getrieben, viele überlebten dies nicht.

Vor wenigen Tagen waren bereits an einer anderen Stelle im Umfeld der Gedenkstätte sieben Erinnerungsbäume für KZ-Opfer von Unbekannten abgesägt worden. Die Tat nahe der Trasse der ehemaligen Buchenwaldbahn, mit der Menschen aus ganz Europa von den Nationalsozialisten in das Konzentrationslager gebracht worden waren, war am vergangenen Mittwoch bekannt geworden. Sie hat auch international für Empörung gesorgt. Auch diese Bäume waren Teil des Erinnerungsprojekts des Sozialverbands.

Dieser habe seitdem viele Solidaritätsbekundungen erhalten, sagte Zimmer. Zahlreiche Menschen hätten erklärt, sich an Nachpflanzungen beteiligen zu wollen. Unter anderem Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und die Fußballclubs FC Schalke 04 und FC Carl Zeiss Jena hatten dies signalisiert. Geplant ist laut Lebenshilfe eine große Pflanzaktion im Herbst. «Bis dahin sehen wir, ob die beschädigten Bäume vielleicht wieder ausschlagen - das hätte ja auch Symbolkraft», sagte Zimmer.

Am 15. Juli 1937 waren die ersten Häftlinge in das Lager auf dem Ettersberg bei Weimar in Thüringen gekommen. Bis zur Befreiung durch US-Truppen im April 1945 verschleppten die Nazis 280 000 Menschen nach Buchenwald. Etwa 56.000 von ihnen wurden ermordet oder starben an Hunger, Krankheiten und medizinischen Experimenten.

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