Ermittler gehen schweren Vorwürfen an Polizeischule nach
Versuchte sexuelle Nötigung, Körperverletzung, Beleidigung und Verdacht des versuchten sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen: Interne Ermittler gehen schweren Vorwürfen am Bildungszentrum der Polizei in Meiningen nach. Gegen vier Polizeianwärter und einen ehemaligen Polizeianwärter werden Ermittlungen geprüft oder laufen bereits, wie aus einem Schreiben des Thüringer Innenministeriums hervorgeht, über das zuerst die Thüringer Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten und das dpa vorliegt. Gegen drei ehemalige Bedienstete an der Polizeischule wird ebenfalls ermittelt. Das Thema beschäftigt auch den Innenausschuss im Landtag.
Dem Schreiben zufolge laufen derzeit Strafermittlungen und Disziplinarverfahren gegen zwei ehemalige Beamte am Bildungszentrum wegen des Verdachts des versuchten sexuellen Missbrauchs von Schutzbefohlenen und distanzlosen Verhaltens gegenüber einer Polizeianwärterin vor etwa vier bis sechs Jahren.
Außerdem wird gegen einen Polizeianwärter wegen des Verdachts «versuchter sexuell motivierter Nötigung» zulasten einer Polizeianwärterin ermittelt. Zu den mutmaßlichen Taten, die sich Anfang dieses Jahres zugetragen haben sollen, laufen den Angaben nach Strafermittlungen und ein Disziplinarverfahren.
In einem weiteren Fall von Mitte des Jahres wird gegen einen Polizeianwärter wegen des außerdienstlichen Nachstellens und wegen Körperverletzung zulasten einer Polizeianwärterin ermittelt. Auch hier wurde ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
Gegen zwei weitere ehemalige Beamte am Bildungszentrum wurden Ermittlungen wegen des Verdachts sexuell motivierter Beleidigungen gegen eine Polizeianwärterin angestoßen. Den Angaben zufolge wurden die Strafermittlungen gegen einen der beiden mangels hinreichenden Verdachts inzwischen eingestellt, gegen den anderen dauern sie noch an.
Wie aus dem Dokument hervorgeht, läuft auch noch ein Verfahren gegen einen ehemaligen Polizeianwärter wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs einer jugendlichen Polizeianwärterin. Der Fall bezieht sich auf mutmaßliche Vorkommnisse vor etwa sechs Jahren.
In dem Schreiben des Innenministeriums wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass stets zunächst die Unschuldsvermutung bestehe.
Der Thüringer CDU-Innenpolitiker Raymond Walk sagte angesichts der Vorwürfe und Ermittlungen, es gehe nun darum, Vertrauen zurückzugewinnen und alles zu tun, um diese schweren Vorwürfe restlos aufzuklären. Es brauche keine «bürokratische Arbeitsgruppe», sondern eine «interdisziplinäre Taskforce mit externem Sachverstand». Darin sollten seiner Meinung nach Experten aus anderen Bundesländern, Verwaltungsmitarbeiter, Psychologen und Vertreter aus Gewerkschaften und Personalräten wirken. «Hier steht nicht weniger auf dem Spiel als der gute Ruf unserer Polizei und die hervorragende Arbeit vieler engagierter Kolleginnen und Kollegen», sagte Walk.
In dem Dokument des Innenministeriums sind auch Maßnahmen beschrieben, mit denen auf die Vorwürfe reagiert wurde: Mitte 2022 sei der Polizeipsychologische Dienst neu eingerichtet worden. Außerdem gebe es eine Dienstvereinbarung über den Umgang mit Mobbing, sexueller Belästigung und Diskriminierung am Arbeitsplatz - sie wurde aktualisiert.
Themen wie Mobbing, frauenfeindliches Verhalten und sexuelle Belästigung soll nun bereits im Rahmen der Ausbildung stärker begegnet werden. Man nehme die Vorwürfe sehr ernst, heißt es in dem Bericht. Die Koordination soll bei einer Arbeitsgruppe im Innenministerium liegen.
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