Empörung über Brychcys Vorstoß zur AfD
Mit seiner Haltung zur AfD hat der Thüringer CDU-Kommunalpolitiker Michael Brychcy für Empörung bei Landespolitikern gesorgt. «Nicht alle in dieser Partei sind Faschisten», sagte der Präsident des Thüringer Gemeinde- und Städtebunds am Freitag dem MDR Thüringen. Man müsse stärker differenzieren, mit wem man spreche, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. «Es hilft uns nicht weiter, wenn wir immer nur davon reden, dass wir mit der AfD nicht reden», sagte Brychcy. «Es gibt in meiner Stadt kein rotes, kein grünes, kein schwarzes und kein gelbes Schlagloch. Sondern es gibt ein Schlagloch und die Leute erwarten, dass wir es wegkriegen.»
Gleichwohl gebe es rechtsradikale Tendenzen innerhalb der AfD, machte Brychcy klar. «Mit denen will ich überhaupt nichts zu tun haben. Mit denen können wir uns auch nicht abgeben.»
Für seinen Vorstoß erntete Brychcy, der auch im Landespräsidium der Thüringer CDU ist, massiv Kritik. «So wird einer ausgewiesen extrem rechten Partei kontinuierlich der Weg bereitet, wirkmächtig zu werden und Gestaltungsverantwortung zu erhalten. Ein gefährliches Spiel der @cdu_thueringen mit der Demokratie und einer auf Grundrechten basierenden Gesellschaft», schrieb der Linke-Fraktionschef Steffen Dittes bei Twitter.
Die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, sagte der dpa, sie halte es für «brandgefährlich, mit einer Zusammenarbeit mit der AfD zu liebäugeln - gerade in Thüringen.» Der Präsident des Thüringer Gemeinde- und Städtebundes habe eine landesweite Verantwortung und sei CDU-Mitglied. «Das was hier passiert, ist das Gegenteil von klarer Abgrenzung zur AfD.»
Der Direktor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau Dora, Jens-Christian Wagner, schrieb ebenfalls bei Twitter: «#Brandmauer oder #Flutgraben?» Wagner gilt als einer der schärfsten Kritiker der Thüringer AfD mit ihrem Landesparteichef Björn Höcke, die vom Landesverfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird. Thüringens SPD-Chef Georg Maier fragte bei Twitter, ob sich die CDU als Juniorpartner der AfD anbiete. «Eine Abgrenzung nach rechts sieht anders aus.»
Die AfD lag in den jüngsten Umfragen in Thüringen klar auf dem ersten Platz - vor der Linken von Ministerpräsident Bodo Ramelow und der CDU. Höcke hatte erst kürzlich den Anspruch seiner Partei auf Regierungsbeteiligung bekräftigt. In Thüringen wird im Jahr 2024 ein neuer Landtag gewählt. Thüringens AfD-Co-Chef Stefan Möller teilte am Freitag mit, seine Partei sei seit Jahren an einer Zusammenarbeit interessiert. «Insofern ist es zu begrüßen, dass auch innerhalb der Thüringer Union Forderungen danach aufgestellt werden.»
Brychcy, der auch Bürgermeister in Waltershausen (Landkreis Gotha) ist, sagte der dpa, er meine mit seinen Äußerungen die AfD als Partei und nicht die AfD-Fraktion im Landtag. «Ich würde mich nicht mit Höcke und seiner rechten Truppe an einen Tisch setzen.» Auch eine Tolerierung durch die AfD mit Höcke an der Spitze der AfD-Fraktion gehe aus seiner Sicht nicht. Brychcy erwägt, bei der Landtagswahl 2024 für das Thüringer Parlament zu kandidieren.
Innerhalb der Thüringer CDU gab es in der Vergangenheit immer wieder Stimmen, die sich für eine zumindest partielle Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen hatten - auch nach der Landtagswahl 2019, deren Ergebnisse eine äußerst schwierige Regierungsbildung zur Folge hatte. Ein CDU-Bundesparteitagsbeschluss verbietet jegliche Zusammenarbeit der Christdemokraten mit AfD und Linken. Auch CDU-Fraktionschef Mario Voigt spricht sich seit Jahren strikt gegen jede Zusammenarbeit mit der AfD aus.
Mit Blick auf mögliche schwierige Mehrheitsverhältnisse, die sich in Thüringen im kommenden Jahr ergeben könnten, zeigte sich Brychcy offen für ein Bündnis seiner Partei mit den Linken. «Wenn demokratische Parteien sagen: Wir machen eine Koalition und jeder einen Schritt zurückgeht und nicht nur nach Ideologie handelt, dann kann ich mir sogar so etwas vorstellen. Er verwies aber auf den CDU-Unvereinbarkeitsbeschluss.
In Thüringen unterstützt die CDU-Fraktion im Landtag keine Anträge der AfD. Umgekehrt fanden aber schon CDU-Anträge mit Hilfe von AfD-Stimmen eine Mehrheit. Ende Januar verabschiedeten die oppositionellen Abgeordneten von CDU, AfD und FDP eine Änderung des Thüringer Spielhallengesetzes. Kürzlich verhalf die AfD einer von Linke, SPD und Grünen initiierten Ausweitung eines Untersuchungsausschusses zu einer Mehrheit.
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