Eltern dringen auf kostenlose digitale Lernmittel
Freie Lernmittel, digitale Assistenten und mehr Elternmitbestimmung in der Schule: Die Landeselternvertretung dringt auf Verbesserungen bei der Digitalisierung des Unterrichts. Bisher gebe es nur Lernmittelfreiheit in Bezug auf Schulbücher. «Das muss erweitert werden auf digitale Medien, Software und eben auch Geräte», sagte Sprecherin Claudia Koch am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Mit der Digitalisierung kämen große finanzielle Herausforderungen auf die Familien zu. «Das muss einfach kostenfrei sein.»
Im Landtag werden derzeit mehrere Vorschläge zur Änderung des Schulgesetzes diskutiert. Der Entwurf von Rot-Rot-Grün sieht unter anderem vor, für digitalen Distanzunterricht eine gesetzliche Grundlage schaffen. Außerdem sollen digitale Lernmittel wie Tablets oder Laptops kostenlos für die Schülerinnen und Schüler zur Verfügung gestellt werden - allerdings nicht sofort für alle.
Geplant ist, dass jeweils die fünften Klassen an den Schulen die Geräte bekommen sollen und dann mit in die jeweils höheren Klassen mitnehmen. Dieses Modell würde etwa 6,5 Millionen Euro pro Jahr kosten. Linke-Bildungspolitiker Torsten Wolf sagte, die Digitalisierung sei ein Bildungsauftrag. Die Schüler seien damit nicht nur in ihrer Schulkarriere, sondern später auch im Beruf konfrontiert.
Koch forderte die Lernmittelfreiheit schon von der Grundschule an. Wolf sagte, dass man diesen Vorschlag «sehr ernst» nehme. Er wies aber darauf hin, dass dies das das Fünf- bis Sechsfache des bislang im Entwurf vorgeschlagenen Modells kosten würde.
Der bildungspolitische Sprecher der Thüringer AfD-Fraktion, Denny Jankowski, forderte Konzepte, «wann und wo der Einsatz von digitalen Endgeräten im Unterricht pädagogisch und didaktisch sinnvoll ist». Seiner Meinung nach sei das erst ab Klassenstufe neun der Fall. «Sollte dann der Erwerb eines digitalen Endgerätes für jeden Schüler der höheren Klassenstufen notwendig sein, muss die Anschaffung auch durch die Lernmittelfreiheit abgedeckt werden.»
Die Pläne der Fraktion von Linke, SPD und Grünen sehen ein ganzes Reformpaket vor. Die Opposition steht dem Gesamtpaket skeptisch bis ablehnend gegenüber. Enthalten sind auch Änderungen bei der Lehrerausbildung, mehr Schulsozialarbeit und eine gesetzliche Grundlage für die neuen Verwaltungsassistenten an den Schulen. Außerdem soll der Praxisbezug bei Regelschülern gestärkt werden. «Wir wollen, dass die Schülerinnen und Schüler wieder in die Betriebe gehen und Berufe kennenlernen», sagte Wolf.
Grünen-Bildungspolitikerin Astrid Rothe-Beinlich erklärte, die Novellierung gehe praktische Probleme an. Demnach sollen künftig bei Auswahlverfahren an Schulen Geschwisterkinder stärker berücksichtigt und der Schulbesuch außerhalb Thüringens einfacher ermöglicht werden. Die Abschaffung der Abschlussprüfung in der zehnten Klasse des Gymnasiums solle Lehrer und Schüler gleichermaßen zu entlasten. «Zudem ist es in 14 anderen Bundesländern gängige Praxis, am Gymnasium mit erfolgreicher Versetzung in die Klassenstufe 11 die mittlere Reife zu bekommen», sagte Rothe-Beinlich.
Die Thüringer CDU-Fraktion warnte vor einem «fundamentalen Umbruch des Thüringer Schulsystems», wie sie am Donnerstag mitteilte. Sie wies auf eine von Rot-Rot-Grün geplante Änderung hin, wonach Grund- und Regelschulen mindestens zweizügig, also mit mindestens zwei Klassen pro Klassenstufe, geführt werden müssen. Einzügig dürften sie nur dann betrieben werden, wenn sie mit anderen Schulen kooperieren. «Mit dem Vorschlag der Ramelow-Koalition gerät mehr als jede zweite Grundschule im ländlichen Raum in Gefahr», sagte Thüringens CDU-Fraktionschef Mario Voigt. Das werde man nicht zulassen und dem Gesetzesentwurf auf keinen Fall zustimmen.
Von der CDU-Fraktion und der FDP-Gruppe gibt es einen eigenen Entwurf zur Änderung des Schulgesetzes. Darin geht es vor allem um Inklusion und die Rolle von Förderschulen im Freistaat.
Neben der Lernmittelfreiheit forderte die Landeselternvertretung in einem am Donnerstag verbreiteten «Wunschzettel» unter anderem kostenlosen Schülertransport, Elternmitwirkung bei der Erstellung von Schulnetzplänen und bei Digitalisierungskonzepten. Außerdem schlug sie die Einführung digitaler Assistenzkräfte vor, die sich etwa mit Aufgaben der IT-Administration beschäftigen.
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