Dittes warnt vor Normalisierung des Umgangs mit AfD
Drei Jahre nach der Regierungskrise in Thüringen hat die Linke-Landtagsfraktion vor einer Normalisierung des Umgangs mit der AfD gewarnt. Fraktionschef Steffen Dittes kritisierte in einer Mitteilung am Sonntag insbesondere die oppositionelle CDU. «Wir erleben, dass die Thüringer CDU zunehmend bereit ist, für Thüringen gestaltende Entscheidungen durchzusetzen, die von der Zustimmung der AfD abhängig sind», erklärte er. «Damit macht die sich selbst als Partei mit staatspolitischer Verantwortung verstehende CDU eine Partei, die unverkennbar demokratie- und verfassungsfeindlich ist, zu einem wirkmächtigen Bestandteil der parlamentarischen Demokratie.»
Aus dieser Normalisierung entstehe eine Gefahr für eine freie und demokratische Gesellschaft. Dittes verwies auf die kürzlich von CDU, FDP und AfD gemeinsam beschlossene Änderung des Thüringer Spielhallengesetzes und einen Landtagsbeschluss zur Ablehnung gendergerechter Sprache in der öffentlichen Kommunikation von Landtag, Landesregierung, Behörden, Schulen und Hochschulen, den CDU und AfD gemeinsam durchsetzten.
Ähnlich äußerten sich die Nachwuchsverbände von Linke, SPD und Grünen. «CDU und FDP in Thüringen haben in den vergangenen Monaten und Jahren gezeigt, dass sie kein Problem in einer Zusammenarbeit mit der AfD sehen», erklärten etwa die Juso-Landesvorsitzenden Maximilian Schröter und Melissa Butt. Die Thüringer AfD wird vom Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet, das sie als «gesichert rechtsextremistisch einstuft.
Am 5. Februar 2020 war der FDP-Politiker Thomas Kemmerich mit Stimmen von AfD, CDU und FDP zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Der Vorgang löste bundesweit Empörung aus und wurde vielfach als «Dammbruch» gegen Rechts gewertet. Kemmerich trat wenige Tage später zurück. Einen Monat später wurde Bodo Ramelow (Linke) erneut als Regierungschef gewählt, er führt eine Minderheitsregierung aus Linke, SPD und Grünen, die im Parlament auf vier Stimmen aus der Opposition angewiesen ist.
Vor Ramelows Wiederwahl hatten Rot-Rot-Grün einen «Stabilitätspakt» vereinbart. Dittes erinnerte daran, dass es dabei Konsens gewesen sei, «Mehrheiten nur unter den demokratischen Parteien zu finden». Dieser Konsens habe trotz der Nichtverlängerung des Stabilitätspakts faktisch noch bis Herbst 2022 Bestand gehabt. Er forderte CDU wie auch FDP auf, zu dieser Vereinbarung zurückzukehren «und Gestaltungsmehrheiten im Parlament ausschließlich unter den demokratischen Parteien zu suchen und zu finden».
CDU-Fraktionschef Mario Voigt wies die Kritik zurück. «Die CDU nimmt staatspolitische Verantwortung wahr und hat dafür gesorgt, dass Thüringen mit einem Landeshaushalt handlungsfähig bleibt, während die Ramelow-Regierung nur noch den Stillstand im Land verwaltet», erklärte er am Sonntag. «Wir sind konstruktive Opposition. Das unterscheidet uns grundsätzlich von der AfD, die außer populistischer Fundamentalopposition nichts aufzubieten hat.»
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