Abgeordnete sitzen im Plenarsaal des Thüringer Landtags., © Martin Schutt/dpa/Archivbild
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Diskussion um Verfassungsänderung steckt weiterhin fest

15.03.2024

In der seit Jahren festgefahrenen Diskussion um eine mögliche Änderung der Thüringer Verfassung ist auch wenige Monate vor dem Ende der Legislaturperiode keine Bewegung in Sicht. Die CDU beharre darauf, dass bei einer Reform der Landesverfassung auch die Regeln zur Wahl eines Ministerpräsidenten in einem dritten Wahlgang neu gefasst würden, sagte der Unions-Abgeordnete Christoph Zippel am Freitag in Erfurt während einer Plenardebatte im Landtag. «Ansonsten wird die Verfassung nicht geöffnet.»

Im dritten Wahlgang ist nach den Regeln der Thüringer Verfassung derjenige gewählt, der die meisten Stimmen auf sich vereint. Wenn aber nur ein Kandidat antritt, gilt als umstritten, ob dieser dann auch mit mehr Nein- als Ja-Stimmen gewählt wäre. Auch juristische Meinungen dazu gehen teils auseinander.

Die Linke-Landtagsabgeordnete Anja Müller hatte der CDU zuvor vorgeworfen, eine 2021 erzielte Einigung auf eine Verfassungsänderung zwischen Rot-Rot-Grün und der Union seit damals zu unterlaufen. Erst nachdem diese Einigung erzielt worden sei, habe die CDU angefangen, Änderungen beim dritten Wahlgang zur Bedingung einer Verfassungsänderung zu machen, sagte sie.

CDU-Mann Zippel wies diese Darstellung zurück. «Es ist einfach nur rotzfrech, was Sie hier erzählt haben», sagte er zu Müller. Die CDU habe immer gesagt, sie sehe Änderungsbedarf bei dieser Regelung.

Linke warnt vor Schaden für die Demokratie

Müller appellierte erneut an die CDU, ihre Blockadehaltung aufzugeben und gemeinsam mit Rot-Rot-Grün weitere Staatsziele in die Verfassung aufzunehmen. Der Vorstoß, etwa die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse als Ziel in die Landesverfassung zu schreiben, stamme immerhin von der CDU selbst, sagte Müller. Wenn es keine Verfassungsänderung gebe, würden die Hoffnungen vieler Menschen im Land enttäuscht, die darauf setzten, dass sich Linke, SPD, Grüne und die CDU auf eine Verfassungsreform verständigen könnten. Das werde das Vertrauen in die Demokratie weiter schwächen. Es seien bis zum Ende der Legislaturperiode nur noch zwei Plenarsitzungen Zeit, ein demokratisches Zeichen zu setzen. «Lassen Sie uns einfach noch mal Vorbild sein.»

Im Thüringer Landtag wird seit Jahren um eine Verfassungsreform gerungen. Das Parlament richtete dazu sogar einen eigenen Ausschuss ein, in dem mögliche Änderungen intensiv beraten wurden. 2021 gab es dann zwei Anträge zu möglichen Verfassungsänderungen, die von Vertretern von Linke, SPD, Grünen und CDU gemeinsam unterschrieben worden waren. Unter anderem sehen sie vor, die Förderung des Ehrenamtes und die Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse als Staatsziele in die Verfassung aufzunehmen. Sie sehen auch vor, dass in der Verfassung in Zukunft nicht mehr von «Behinderten», sondern von «Menschen mit Behinderung» gesprochen werden soll und das es auch möglich sein soll, Gesetze auf digitalem Weg zu verkünden. Trotz dieser Einigung ist eine Verfassungsreform bis heute allerdings nicht umgesetzt worden.

CDU: War nie eine endgültige Einigung

Zippel erklärte nun, bei diesen beiden Drucksachen habe es sich aus Sicht der CDU um einen Zwischenstand gehandelt, um nicht mehr. «Das war nie eine Endeinigung, das erzählen Sie den Leuten da draußen, das ist nicht korrekt», sagte Zippel in Richtung von Rot-Rot-Grün. Zuletzt hatten zahlreiche Vereine und Verbände die Abgeordneten des Landtages aufgerufen, ihre Differenzen zu überwinden und eine Verfassungsreform zu verabschieden, die zumindest die 2021 bereits geeinten Punkte umfasst.

Wie Müller riefen auch andere Vertreter von Rot-Rot-Grün die CDU auf, gemeinsam mit Rot-Rot-Grün weitere Staatsziele in die Verfassung zu schreiben. Jeder einzelne Abgeordnete im Landtag habe die Verpflichtung zu zeigen, dass das Parlament handlungsfähig und handlungswillig sei, wenn es um so wesentliche Dinge wie das Ehrenamt und gleichwertige Lebensverhältnisse gehe. «Es ruhen die Augen auf uns, dass wir unsere Arbeit bis zur Wahl noch ordentlich machen», sagte die SPD-Abgeordnete Dorothea Marx.

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