DGB: Viele Pflegeeinrichtungen zahlen nicht nach Tarif
Die meisten Pflegeeinrichtungen in Thüringen bezahlen nach Angaben des Deutschen Gewerkschaftsbundes ihr Pflegepersonal nicht nach Tarif - trotz einer seit kurzem geltenden gesetzlichen Neuregelung. Das treffe auf fast 48 Prozent der Einrichtungen zu, teilte die stellvertretende Vorsitzende des DGB-Bezirks, Renate Sternatz, am Donnerstag mit. Sie entlohnten die Pflegekräfte stattdessen nach «regional üblichem Entgeltniveau». Ein Tarifvertrag oder eine kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinie gelte für rund 44 Prozent der Einrichtungen. Der DGB berief sich auf Zahlen der Krankenkasse AOK Plus, die von der Kasse bestätigt wurden.
Nach dem am 1. September in Kraft getretenen Tariftreuegesetz dürfen die Pflegekassen Versorgungsverträge nur noch mit Anbietern schließen, die nach Tarif oder ähnlich zahlen. Die rund 1000 Pflegeheime und ambulanten Pflegedienste in Thüringen hatten dazu bei der Krankenkasse AOK Plus melden müssen, wie sie ihre Beschäftigten bezahlen. Das regional übliche Entlohnungsniveau für nicht tarifgebundene Betriebe wird laut AOK Plus jedes Jahr aktuell ermittelt. Derzeit liegt der regional übliche Stundenlohn laut Krankenkasse bei durchschnittlich 17,85 Euro.
«Das Gesetz hält nicht, was es verspricht», kritisierte Sternatz mit Blick auf den hohen Anteil nicht tarifgebundener Pflegeeinrichtungen. Zwar verbessere sich die Entlohnung in der Pflege durch die Neuregelung, was längst überfällig sei. Mit einem einheitlichen Tarifvertrag für alle Pflegenden sei aber noch deutlich mehr möglich. Sie forderte zudem eine umfassende Reform der Pflegeversicherung mit einer Deckelung der von den Pflegebedürftigen zu erbringenden Eigenanteile. In Thüringen sind laut amtlicher Statistik mehr als 34.000 Menschen in der Pflege beschäftigt (Stand Ende 2019). Mehr als 135.000 Pflegebedürftige leben im Freistaat.
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