Demos zum 1. Mai sollen Thema im Innenausschuss werden
Nach den Demonstrationen zum 1. Mai in Gera ist eine Debatte über das Vorgehen von Stadt und Polizei ausgebrochen. «Wir werden uns damit im Innenausschuss beschäftigen müssen», sagte die Grünen-Abgeordnete Madeleine Henfling am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Die Innenpolitikerin war am Montag selbst in Gera. «Das muss aus meiner Sicht schon auch detailliert aufgearbeitet werden», sagte sie.
Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) sagte der dpa, es werde eine Nachbereitung des Einsatzes geben. «Wir nehmen die Kritik, die jetzt geäußert wird, sehr ernst.» Zugleich zeigte er auch Verständnis für die getroffenen Entscheidungen. «Das Gewaltpotenzial war vorhanden, das habe ich auch aus eigener Anschauung so wahrgenommen», sagte Maier, der ebenfalls zum Tag der Arbeit in Gera war. Ihn störe die Grundannahme, dass beabsichtigt gewesen sei, die Gegendemonstration schlechter zu behandeln als jene aus dem rechten Lager.
In Gera gingen am Montag hunderte Menschen auf die Straße. Im Fokus standen eine Demonstration aus dem rechten Lager mit laut Polizei rund 720 Teilnehmern sowie eine Gegendemonstration mit rund 500 Teilnehmern. Laut Polizei kam es zu einem Durchbruchsversuch der Gegendemonstranten durch eine Polizeisperrung, der mit dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstöcken verhindert wurde.
Nach Darstellung von Polizei und der Stadtverwaltung Gera musste die Route der Gegendemonstration am Montag kurzfristig geändert werden, weil ein Zug mit ankommenden Demonstranten Verspätung hatte. Ursprünglich waren die Demo aus dem rechten Spektrum und die Gegendemo zeitversetzt geplant. Durch die Zugverspätung sei dieser Zeitplan durcheinandergeraten, sagte eine Sprecherin der Stadtverwaltung Gera. Um zu verhindern, dass Teilnehmer beider Demonstrationen aufeinandertreffen, sei die Route der Gegendemo geändert worden. Die Thüringer Grünen-Landessprecherin Ann-Sophie Bohm war ebenfalls in Gera und sagte am Dienstag: «Die Abwägung war deutlich zugunsten einer Seite.» Dies sei kritikwürdig.
Bei dem Durchbruchsversuch sei ein Polizeibeamter verletzt worden, verletzte Gegendemonstranten seien der Polizei namentlich nicht bekannt, sagte eine Sprecherin. Ihren Angaben zufolge wurden dann rund 250 Gegendemonstranten von dem Demo-Zug abgetrennt, um deren Identitäten festzustellen. Dabei seien Gegendemonstranten verletzt worden - wie viele, konnte die Sprecherin zunächst nicht sagen. Ermittlungen liefen unter anderem wegen Landfriedensbruch. Bohm, Henfling und auch die Linke-Politikerin Katharina König-Preuss kritisierten unter anderem, dass die Einkesselung der Gegendemonstranten mehrere Stunden gedauert habe.
Henfling sagte, die Polizei habe mit der Einkesselung und ihrem Verhalten im Kessel unverhältnismäßig agiert. «Wir haben fast 300 Identitätsfeststellungen, ich kann mich nicht erinnern, wann wir das in den letzten 15 Jahren mal hatten», sagte Henfling. In dem Kessel hätten sich Minderjährige befunden. Sie habe das Agieren der Polizei als eine «Machtdemonstration» empfunden und sei «nachhaltig schockiert».
Auch die Thüringer AfD-Fraktion sprach von «linksextremen Ausschreitungen in Gera» und kündigte ebenfalls an, die 1.-Mai-Demos zum Thema im Innenausschuss des Landtags zu machen.
CDU-Innenpolitiker Raymond Walk sagte, die Kritik am Polizeieinsatz sei «zumindest unangebracht und auch objektiv nicht nachvollziehbar». «Es darf von linker Seite nicht ständig der Pauschalverdacht ins Land gerufen werden, die Beamten würden ihre Arbeit falsch oder gar nicht machen.»
Laut Polizei wurden im Zusammenhang mit den 1.-Mai-Demos in Gera 15 Strafanzeigen angefertigt - unter anderem auch wegen Volksverhetzung, Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte.
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