Defizit bei Flüchtlingsaufnahme - Geld für Kommunen
Thüringens Landesregierung prüft Abschlagszahlungen an die 17 Kreise und fünf kreisfreien Städte für die Aufnahme und Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Damit würden künftige Ausgleichszahlungen vorweggenommen und die finanzielle Lage der Kommunen kurzfristig entspannt, hieß es am Donnerstag nach einer Schaltkonferenz von Vertretern der Landesregierung mit Landräten und Oberbürgermeistern. Kommunalpolitiker hatten Alarm geschlagen, weil sie bei der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen an Kapazitätsgrenzen stießen.
Thüringen hat nach Daten von Behörden bisher weniger Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen als nach der Quotenverteilung unter den Bundesländern eigentlich nötig. Das Aufnahmedefizit liege bei 3900 Menschen, bestätigte ein Sprecher des Migrationsministeriums auf Anfrage in Erfurt.
Diskutiert wird nun eine Abschlagszahlung von 2500 Euro für jeden Kriegsflüchtling, der sich zum Stichtag 31. Juli nach den Daten des Ausländerzentralregisters in Thüringens Kommunen aufhält. Das Geld soll für jede Art von Mehraufwendungen bei der Flüchtlingsaufnahme verwendet werden, heißt es in einem Protokoll, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. Zudem wollen die Ministerien Listen mit möglichen Unterbringungsmöglichkeiten in Landesimmobilien erstellen. Das könnten beispielsweise auch ungenutzte Berufsschulen sein.
Thüringen muss laut Migrationsministerium das entstandene Aufnahmedefizit ausgleichen. Von weiterhin in Deutschland einreisenden Ukraine-Flüchtlingen würde ein Anteil von 2,6 Prozent auf den Freistaat entfallen.
Alarmiert ist auch die CDU-Landtagsfraktion. «Die Lage in den Landkreisen spitzt sich weiter zu und nimmt teils dramatische Züge an», erklärte deren migrationspolitische Sprecher, Stefan Schard. Die CDU als größte Oppositionsfraktion habe deshalb eine Sondersitzung des Migrationsausschusses des Landtags beantragt.
Er warf der rot-rot-grünen Minderheitsregierung vor, trotz «Hilfeschreien aus den Kommunen» nicht genug zu tun. Als eine Frechheit bezeichnet der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, Andreas Bühl, eine Forderung der Landesregierung an den Bund, bei der Wohnungsmodernisierung finanziell zu helfen. Dabei liege das Problem beim Land, das trotz Zusagen die Finanzierung von Wohnraum bei Kommunen und Privatpersonen nicht ausreichend umsetze. Es fehle bei der Flüchtlingsaufnahme an koordiniertem Handeln. Die Haushalte der Kommunen gerieten bereits wegen der Unterbringungskosten in Schieflage.
Die Probleme müssten ausführlich im Migrationsausschuss diskutiert werden, so die CDU-Fraktion. Sie habe dafür einen 22 Punkte umfassenden Fragenkatalog vorgelegt.
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