Debatte über KI an Schulen und Universitäten
Angesichts neuer Anwendungen mit Formen Künstlicher Intelligenz (KI) wird in Thüringen im Bildungs- und Hochschulbereich über den richtigen Umgang damit diskutiert. Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) sprach sich gegen ein Verbot von KI an Schulen aus. «Klar ist: Ein Verbot des Einsatzes von KI in den Schulen wäre realitätsfern und nicht durchsetzbar», erklärte Holter am Dienstag in Erfurt. Vielmehr komme es darauf an, einen kompetenten Umgang mit KI-Anwendungen für eine erfolgreiche Anwendung in Ausbildung, Beruf und Alltagswelt zu entwickeln. Eine neue Handreichung des Bildungsministeriums für Lehrerinnen und Lehrer soll die wichtigsten Fragen zum Umgang mit KI-Systemen im Unterricht beantworten.
«Schülerinnen und Schülern sollen im Unterricht fundierte und nachhaltige Kompetenzen vermittelt werden, die ihnen auch einen konstruktiven und produktiven Umgang mit der KI ermöglichen», sagte Holter.
Der Thüringer Lehrerverband (tlv) begrüßte den Leitfaden und Holters Absage an ein generelles Verbot in den Schulen. «Was uns jedoch Sorgen bereitet, ist die Tatsache, dass mit dieser Handreichung einmal mehr die Hauptlast der Verantwortung auf die Schulen abgewälzt wird», teilte tlv-Sprecher Tim Reukauf mit. Er monierte, dass allein die Schulleitungen für die Einhaltung des Datenschutzes verantwortlich sein sollen. Zudem werde im Leitfaden bemerkt, dass ChatGPT nicht datenschutzkonform sei. Reukauf forderte eine Überarbeitung der Lehrpläne, sodass Lernstoff nicht per KI abgerufen werden kann.
Seit der Veröffentlichung von ChatGPT im vergangenen Jahr wird unter anderem im Bildungs- und Hochschulbereich über Chancen und Gefahren im Umgang mit dieser Technologie nachgedacht. Anwendungen wie ChatGPT können Texte verfassen, die sich von menschengeschriebenen Texten teils kaum noch unterscheiden lassen. Auf Anweisung können sie auch Vorträge schreiben, Gedichte interpretieren oder Lieder komponieren. Befürchtet wird teils, dass zum Beispiel Schüler die Anwendung nutzen, um Hausaufgaben oder andere Lernleistungen vom Computer erledigen zu lassen.
An der Friedrich-Schiller-Universität Jena verschickte das Präsidium vor Kurzem eine Stellungnahme zu ChatGPT. Diese textgenerierende KI sei in der Lage, auch längere Fachtexte zu wissenschaftlichen Themen zu verfassen, «die oft nicht von geschriebenen Texten menschlicher Fachleute zu unterscheiden sind», heißt es darin. Außerdem könne die Anwendung Teile von Abschlussprüfungen an Universitäten erfolgreich absolvieren. «Diese technologische Entwicklung birgt sowohl Chancen als auch Risiken für Forschung und Lehre an Universitäten», heißt es in der Stellungnahme. So könne die KI Recherchearbeiten übernehmen und «klassische asynchrone Prüfungsformate wie zum Beispiel Hausarbeiten obsolet» machen.
Eine undeklarierte Verwendung von KI-generierten Texten in Hausarbeiten und Abschlussarbeiten widerspreche derzeit der Eigenständigkeitserklärung, die Studierende abgeben müssen. Sie komme daher einer Täuschung gleich. Der Nachweis falle aber schwer.
«Diese technologische Entwicklung fordert Universitäten dazu heraus, sich über Grenzen und Reichweite der Integration von KI in Studium und Lehre zu verständigen», heißt es in dem Papier. Die «beeindruckende Leistungsfähigkeit von Chat-GPT» sei nur der Anfang einer beschleunigten Entwicklung immer leistungsfähigerer KIs. «Wir erwarten KIs, die in immer mehr Lebensbereichen der menschlichen Leistungsfähigkeit ebenbürtig sein werden oder diese sogar übersteigen.»
Das Präsidium der Uni Jena kündigte an, in den kommenden Monaten einen «partizipativen Prozess der Auseinandersetzung über den Umgang mit textgenerierenden künstlichen Intelligenzen» anzustoßen. Grundlage sollen Weiterbildungen und regelmäßige Schulungen von Studierenden, Lehrenden und Mitarbeitern sein. Außerdem sollen zusammen mit Studierenden und Beschäftigten Handlungsempfehlungen ausgearbeitet werden.
© dpa-infocom, dpa:230425-99-442378/3