Susanna Karawanskij (Die Linke), Thüringer Ministerin für Infrastruktur und Landwirtschaft., © Michael Reichel/dpa/Archivbild
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Bußgelder und Genehmigungen: Land will Agrarflächen schützen

14.03.2023

Thüringen will per Gesetz Spekulationen mit Landwirtschaftsflächen eindämmen. Agrarministerin Susanna Karawanskij (Linke) legte am Dienstag in Erfurt den ersten Entwurf eines Agrar- und Forstflächenstrukturgesetzes vor. Es enthalte unter anderem Bußgelder von bis zu einer Millionen Euro, wenn Verkauf oder Verpachtung von Äckern und Wiesen nicht angezeigt würden. Der Verkauf von Geschäftsanteilen an Agrarbetrieben sei danach ab 50 Prozent anzeigepflichtig, ab 90 Prozent genehmigungspflichtig.

Mit dem Gesetzentwurf wolle Thüringen auch die stillstehende Bundesdebatte zum Schutz der Landwirtschaftsflächen anstoßen. Agrarflächen rückten als Kapitalanlage immer mehr in den Fokus von Investoren. Karawanskij: «Seit einigen Jahren beobachten wir daher eine Preisexplosion bei Agrarflächen in Thüringen.»

Der durchschnittliche Preisanstieg habe in den vergangenen 15 Jahren mehr als 125 Prozent betragen. Das sei eine Gefahr für die regionale Agrarstruktur, weil es für heimische Agrarbetriebe und Junglandwirte immer schwerer werde, Agrarflächen zu kaufen. Die Koalitionsfraktionen Linke und Grüne verwiesen drauf, dass auf das Gesetz seit Jahren gewartet werde, um einen Ausverkauf von Agrarflächen zu verhindern. Die oppositionelle CDU-Fraktion sprach von einem «Eingriff in die Eigentumsrechte der Thüringer Landwirte».

Eine Genehmigung zur Übernahme von mindestens 90 Prozent der Geschäftsanteile könne vom zuständigen Landesamt versagt werden, wenn sich landwirtschaftsfremde Investoren bei Agrarbetrieben einkaufen wollten oder wenn Gefahr für die regionale Agrarstruktur bestehe, sagte die Ministerin. Thüringen sei dabei Vorreiter in Deutschland.

Mit dem Gesetz solle Transparenz auf dem landwirtschaftlichen Bodenmarkt hergestellt werden. «Eine wirksame Preismissbrauchskontrolle beugt weiteren extremen Flächenteuerungen vor», äußerte Karawanskij. Auch andere Bundesländer arbeiten an Regelungen, um den Verkauf von Agrarflächen im großen Stil an Investoren außerhalb der Landwirtschaft einzudämmen.

In Thüringen hatte 2020 der Verkauf einer großen Agrargesellschaft des ehemaligen Landesbauernpräsidenten Klaus Kliem an ein Unternehmen einer Aldi-Familienstiftung für Schlagzeilen und Kritik gesorgt.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Kauf- und Pachtverträge ab einem Hektar angezeigt und genehmigt werden müssen. Nur wenn der Staat wisse, zu welchem Preis und durch wen Agrarflächen gehandelt werden, könnten Gefahren für die Agrarstruktur erkannt werden. Die Preismissbrauchskontrolle sehe vor, dass in Regionen mit besonders hohen Bodenpreisen die Grenze bei 20 Prozent über dem Marktpreis gezogen werden könne. Zudem werde das Vorkaufsrecht der Landgesellschaft erweitert und die Haltefrist auf 10 Jahre verlängert.

Nach Angaben des Ministeriums gibt es in Thüringen 800.000 Hektar Landwirtschaftsfläche, darunter 630.000 Hektar Ackerland und 170.000 Hektar Grünland. Etwa die Hälfte der Thüringer Landesfläche werde damit landwirtschaftlich genutzt. Mehr als die Hälfte der Betriebe bewirtschafte eine Fläche bis zehn Hektar, nur ein Prozent der Betriebe habe Flächen über 1000 Hektar.

© dpa-infocom, dpa:230313-99-939958/5

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