Der Thüringer Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Peter Wurschi., © Michael Reichel/dpa/Archivbild
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Beauftragter für SED-Opfer: Beratung gegen den Frust

07.06.2023

In den vergangenen zwei Jahren hat sich der Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Peter Wurschi, verstärkt auch mit dem Frust vieler Menschen auseinandersetzen müssen. «Wir sind zunehmend zu einem Scharnier geworden und haben eine Lotsenfunktion bekommen, um Demokratie zu erklären, um Rechtsstaatlichkeit zu erklären, um Behördenhandeln zu erklären», sagte Wurschi am Mittwoch in Erfurt nach der Vorstellung seines Tätigkeitsberichts für die Jahre 2021 und 2022.

Die «allgemeine Frustration» treffe die Mitarbeiter seiner Behörde und ihn. Auch deshalb sei es besonders wichtig, dass er sich als Landesbeauftragter zuletzt verstärkt um die Beratung von Menschen gekümmert habe, die Opfer von SED-Unrecht wurden.

Nach Angaben aus dem Tätigkeitsbericht bearbeiteten der Landesbeauftragte und seine Mitarbeiter in den vergangenen zwei Jahren etwa 1700 Anfragen, die Mehrzahl davon im vergangenen Jahr. «Auch bei uns hatte es zuvor einen Corona-Knick gegeben», sagte Wurschi. Dass 2022 insgesamt etwa 1250 Anfragen bei ihm bearbeitet worden seien, habe deshalb einerseits mit einem Nachhol-Effekt nach dem Ende der Akutphase der Pandemie zu tun.

Andererseits hätten neue gesetzliche Regelungen den Kreis der Beratungsnehmer vergrößert. Dass beispielsweise inzwischen auch ehemalige DDR-Heimkinder eine strafrechtliche Rehabilitation erhalten können, habe zu spürbar mehr Anfragen an ihn geführt, sagte Wurschi.

Alles in allem gibt es nach Einschätzung Wurschis weiterhin einen großen Bedarf bei vielen Menschen, sich mit dem SED-Unrecht auseinanderzusetzen. Das gelte nicht nur für jene, denen der Staat zu DDR-Zeiten Unrecht zugefügt habe. Es gebe mehr als 30 Jahre nach dem Ende der DDR auch weiterhin eine große Nachfrage nach Bildungsarbeit zu den politischen und gesellschaftlichen Zuständen in Ostdeutschland zwischen 1949 und 1990. Unter anderem aus Schulen gebe es deshalb ein großes Interesse an Zeitzeugengesprächen, hieß es.

© dpa-infocom, dpa:230607-99-973729/2

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