Anwälte wegen gewerbsmäßigen Betrugs an Anlegern angeklagt
Sie sollen gezielt durch Verluste geschädigte Kapitalanleger mit hanebüchenen Erfolgsaussichten für Verfahren gelockt, so Mandate erschlichen und Honorare kassiert haben. Das wirft die Staatsanwaltschaft vier Rechtsanwälten und einer Rechtsanwältin vor, die sich seit Dienstag am Landgericht Mühlhausen unter anderem wegen gewerbsmäßigen Betrugs verantworten müssen. Die Verteidiger gaben an, dass sich ihre Mandanten zunächst nicht zur Sache einlassen würden, schlossen es aber für drei der Angeklagten im weiteren Verlauf nicht grundsätzlich aus.
Anklage: Extra vermeintlich Verbraucherschutzvereine gegründet
Die Angeklagten im Alter von 43 bis 63 Jahren sollen systematisch vorgegangen sein, wie bei der mehr als zwei Stunden dauernden Anklageverlesung deutlich wurde: Mithilfe vermeintlich unabhängiger Verbraucherschutzvereine wurden demnach etwa geschädigte Anleger von insolventen Banken oder Gesellschaften angeschrieben und so an die Angeklagten vermittelt. Doch die Vereine selbst sollen auf Veranlassung des heute 63 Jahre alten Hauptangeklagten gegründet worden sein. Unter den Vereinsanschriften sollen sich etwa die Wohnsitze der Eltern und Schwiegereltern des Mannes finden.
Die serienmäßigen Schreiben seien bewusst irreführend und manipulativ gewesen und hätten nicht vergleichbare Sachverhalte vermengt, so die Anklage. So sei in manchen Fällen der Eindruck vermittelt worden, dass die geschädigten Anleger Ansprüche auf Schadenersatz hätten. Dem sei so aber nicht gewesen. Die Geschädigten sollen so unter anderem zur Einleitung von Güteverfahren und verwaltungsrechtlichen Verfahren gebracht worden sein.
Angeklagten soll es nur um eigene Honorare gegangen sein
Dabei sollen die Angeklagten gewusst haben, dass die angebotenen anwaltlichen Dienstleistungen wirtschaftlich wertlos waren, da keine oder nahezu keine Erfolgsaussichten bestanden. Den Angeklagten sei es demnach lediglich darum gegangen, Honorare und Gebührenforderungen bei den bereits geschädigten Anlegern zu erschleichen und sich so laufende Einnahmequellen zu sichern.
Der vorgeworfene Gesamtschaden liegt einem Gerichtssprecher zufolge bei rund 3,9 Millionen Euro. Es gehe um rund 5000 Mandate. Zu den Taten soll es im Zeitraum von 2012 bis mindestens 2015 gekommen sein.
In einer weiteren ebenfalls am Dienstag verlesenen Anklage wirft die Staatsanwaltschaft zudem einigen der Angeklagten Datenschutzvergehen vor.
Die Verteidigung eines Angeklagten stellte zwei Anträge: Die Vorwürfe gegen seinen Mandanten seien verjährt, zudem sollte das Verfahren wegen unklarer Aktenlage ausgesetzt werden. Auch die Verteidiger der Mitangeklagten schlossen sich den Anträgen weitgehend an. Eine Entscheidung zu den Anträgen fiel am Dienstag nicht.
2017 gab es bereits Durchsuchungen in Zusammenhang mit den Vorwürfen: In 15 Büros und Wohnungen in Thüringen, Sachsen, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hamburg wurden nach damaligen Angaben vier Terabyte Daten und 1600 Mandantenakten in Papierform sichergestellt. Die nun Angeklagten wohnen in Thüringen und in Berlin.
Links
© dpa-infocom, dpa:240409-99-611976/3