Anschlussstau bei Solaranlagen in Thüringen
Beim Anschluss neuer Solaranlagen brauchen private Hausbesitzer in Thüringen Geduld. Der Boom der Anlagen habe für einen Stau gesorgt, bis die Anlagen ans Netz kommen und Einspeisevergütungen für Strom gezahlt werden könnten, sagte ein Sprecher der Thüringer Energie AG (Teag) auf dpa-Anfrage in Erfurt. Die Wartezeiten betrügen bis zu sechs Monate, in Einzelfällen auch acht.
Der Anschlussstau ist kein Phänomen nur in Thüringen. «Wartezeiten von mehreren Wochen oder sogar Monaten bis zur Herstellung eines Netzanschlusses kommen aktuell immer wieder vor», teilte die Bundesnetzagentur in Bonn auf Anfrage mit. Es gebe bundesweit einen Ansturm, auf den die Netzbetreiber allerdings unterschiedlich gut vorbereitet gewesen seien.
Jährliche Verdopplung der Anträge
Als Gründe nannte die Bundesnetzagentur neben der großen Zahl neuer Anlagen und damit einer stark erhöhten Nachfrage nach Netzanschlüssen eine erhöhte Auslastung der Netze, die mancherorts zu aufwändigeren Netzverträglichkeitsprüfungen frühe. Hinzu komme ein Mangel an Fachkräften. Die Agentur verzeichnete nach eigenen Angaben 2023 einen Anstieg von Beschwerden über Verzögerungen und Probleme beim Netzanschluss von Erneuerbare-Energien-Anlagen - nicht nur, aber auch aus Thüringen.
Nach Angaben des Teag-Sprechers hat sich die Zahl der Anträge auf Anschluss einer Solaranlage seit 2020 in Thüringen jährlich verdoppelt. Im vergangenen Jahr seien es rund 14.000 Anträge gewesen. Die sogenannten Balkonkraftwerke zählen nicht dazu - für sie gebe es keine Prüfung oder Genehmigung. In diesem Jahr werde mindestens mit dem Antragsniveau von 2023 gerechnet, eine vorsichtige Prognose gehe von 14.000 bis 15.000 neue Solaranlagen aus, für die Anschlüsse beantragt werden.
Neues Internetportal ist online
Die für den Netzanschluss zuständige Teag-Tochter Thüringer Energienetze habe reagiert und neue Mitarbeiter eingestellt. Zudem sei innerhalb des Unternehmens Personal in diesen Bereich umgesetzt worden. Auch externe Dienstleister seien hinzugezogen worden und die Anmeldeprozeduren entschlackt worden.
Große Hoffnungen würden auf das Mitte Dezember 2023 online gegangene digitale Einspeiseportal im Internet der Netzgesellschaft gesetzt. «Dieses mit viel Aufwand selbst entwickelte Tool hat die Frist der Bearbeitung der Anmeldungen im günstigsten Fall auf wenige Minuten verkürzt», sagte der Unternehmenssprecher. Alle Anmeldedaten könnten digital eingegeben werden, es müssten keine Papierunterlagen mehr auf dem Postweg zirkulieren.
Durch das Portal habe sich zumindest die Zeit für den netztechnischen Teil der Anmeldung von Photovoltaikanlagen erheblich reduziert. Der Antragsstau sei allerdings weiter gerutscht zum kaufmännischen Teil der Anmeldung von Anlagen, bei dem es um die Zahlung der Einspeisevergütung geht. Diese verzögere sich immer noch um Monate.
Einspeisevergütung wird nachgezahlt
Geld gehe den Hausbesitzern aber nicht verloren. Wenn der Zähler der Solaranlage installiert und sie technisch freigeben sei, werde der eingespeiste Strom gezählt. «Die Strommenge geht in der Abrechnung nicht verloren.» Sie werde dem Anlagenbesitzer gutgeschrieben - auch wenn die Auszahlung erst einige Monate später erfolge, wenn der kaufmännische Teil der Anlageninbetriebnahme abgeschlossen sei, erklärte der Teag-Sprecher.
Laut Bundesnetzagentur haben die Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien grundsätzlich einen zivilrechtlichen Anspruch gegenüber dem jeweiligen lokalen Netzbetreiber auf unverzüglichen und vorrangigen Netzanschluss. Unverzüglich bedeutet «ohne schuldhaftes Zögern. Eine bestimmte Frist für das gesamte Netzanschlussverfahren sei gesetzlich nicht festgelegt. Die Netzbetreiber bundesweit hätten in den vergangenen zwei Jahren eine Verdopplungen der Zubaugeschwindigkeit sowohl bei Solaranlagen als auch bei Heimspeichern zu bewältigen gehabt.
Links
© dpa-infocom, dpa:240305-99-221555/2