AfD-Klage gegen Hochschulgesetz abgewiesen
Die gezielte Förderung von Frauen an Thüringer Hochschulen ist nach einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts mit der Verfassung des Freistaats vereinbar. Das oberste Gericht des Landes wies mit einem am Mittwoch verkündeten Urteil eine Klage der AfD-Landtagsfraktion unter anderem gegen die gesetzliche Regelung ab, nach der nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte an Universitäten und Fachhochschulen werden können.
Auf Basis der Landesverfassung sei es ein legitimes Ziel zu versuchen, über einen entsprechenden Paragrafen in dem Gesetz die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, sagte der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Klaus von der Weiden, bei der Begründung der Entscheidung.
Zu wenige Frauen haben Führungsaufgaben
Wissenschaftliche Studien belegten, dass Frauen sowohl bei der Zahl der besetzten Hochschulprofessuren als auch in Führungsfunktionen der Hochschulverwaltung deutlich unterrepräsentiert seien. «Nur zwanzig Prozent der Dekanate sind weiblich besetzt», sagte von der Weiden. Es erscheine auch nachvollziehbar, dass sich Frauen, die wegen ihres Geschlechts diskriminiert würden, eher Frauen als Männern anvertrauen würden. «Im Hochschulbereich ist das besonders plausibel», sagte von der Weiden.
Schon zu Beginn von wissenschaftlichen Karrieren hätten sie es mit häufig männlichen Vorgesetzten zu tun, während die Stellen an Hochschulen oft befristet seien, woraus sich besondere Abhängigkeitsverhältnisse ergeben könnten.
Die AfD-Landtagsfraktion hatte in dem Rechtsstreit unter anderem argumentiert, Regelungen aus dem Hochschulgesetz, die Frauen besonders fördern sollen, seien nicht mit dem deutschen Verfassungsrecht vereinbar. So hatte die AfD auch jenen Paragrafen angegriffen, der festschreibt, dass in Hochschulräten drei von acht Mitgliedern Frauen sein sollen.
Richter nicht einer Meinung
Die Entscheidung des Verfassungsgerichts zur Besetzung der Stellen von Gleichstellungsbeauftragten ausschließlich mit Frauen erging allerdings - anders als die Entscheidungen zu anderen angegriffenen Regelungen - nicht einstimmig. Von den neun Verfassungsrichtern trugen nur sechs diese Entscheidung mit. Der Begründung schlossen sich sogar nur fünf der neun Juristen an.
Der Verfassungsrichter Klaus Hinkel gab zu der Entscheidung der Mehrheit ein eigenes Sondervotum ab. Die starre Auslegung, dass nur Frauen dieses Amt innehaben dürfen, schließe selbst solche Männer in unzulässigerweise von diesem Amt aus, die möglicherweise die fachlich bestgeeignete Bewerber seien, sagte er.
Das Gleiche gelte für Männer, die selbst Diskriminierungen erfahren hätten, beispielsweise, weil sie sich maßgeblich um die Erziehung von Kindern gekümmert hätten. Tatsächlich müsse die entsprechende Regelung im Hochschulgesetz so ausgelegt werden, dass neben Frauen auch Männer sowie Menschen, die sich weder als Männer noch als Frauen sehen, Positionen von Gleichstellungsbeauftragten bekleiden können.
Regelung soll verbesser werden
Der im Hochschul-Ministerium zuständige Staatssekretär Carsten Feller (SPD) begrüßte das Urteil des Gerichts grundsätzlich. «Das Hochschulgesetz ist und bleibt ein klarer Kompass für die Arbeit der Thüringer Hochschulen», sagte er nach der Verkündung der Entscheidung. Gleichzeitig räumte er allerdings ein, dass es politisch notwendig sei, sich mit der Frage zu beschäftigen, ob es richtig sei, Menschen, die sich nicht als Frauen oder Männer sehen, vom Amt eines Gleichstellungsbeauftragten auszuschließen. «Ich sehe tatsächlich, dass es da eine Regelungslücke gibt», sagte Feller.
Aus der Linke-Landtagsfraktion kam ebenfalls Zustimmung zu der Entscheidung. «Dies ist ein positives Signal und stärkt die demokratischen Strukturen an den Thüringer Hochschulen», sagte der hochschulpolitische Sprecher der Fraktion, Christian Schaft. Dass die AfD überhaupt gegen das Gesetz geklagt hatte, zeige, «dass sie eine zutiefst wissenschaftsfeindliche Partei ist, der Themen wie Gleichstellung und Diversität nur ein Dorn im Auge ist».
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