AfD-Jugendorganisation als rechtsextremistisch eingestuft
Die Jugendorganisation der AfD wird vom Verfassungsschutz nun als gesichert rechtsextremistische Bestrebung beobachtet. Wie das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) am Mittwoch mitteilte, werden neben der Jungen Alternative (JA) nunmehr auch zwei weitere Gruppierungen der sogenannten Neuen Rechten entsprechend eingestuft - das im Süden Sachsen-Anhalts ansässige Institut für Staatspolitik (IfS) und der Verein «Ein Prozent». Alle drei Vereinigungen waren bislang als rechtsextremistische Verdachtsfälle vom Inlandsnachrichtendienst bearbeitet worden.
In Sachsen überraschte die Entscheidung des BfV kaum - selbst die AfD nicht. Allerdings sprach ihre Fraktion im Sächsischen Landtag am Mittwoch aus anderen Gründen von einer «absehbaren Entscheidung». «Inzwischen ist selbst der zur Neutralität verpflichtete sächsische Innenminister Armin Schuster (CDU) dazu übergegangen, die AfD als «Verbrecher» zu diffamieren. Eine solche Kriminalisierung der Opposition richtet in einer freiheitlichen Demokratie schweren Schaden an», sagte der Abgeordnete Carsten Hütter. Die AfD hatte wegen Schusters Äußerung eine Strafanzeige gestellt.
Mit der neuen Einstufung der AfD-Jugend gerät nun auch Hütters Fraktionskollege Alexander Wiesner in Visier der Verfassungsschützer. Der Unternehmensberater ist Chef der Jungen Alternative (JA) in Sachsen. Die Einstufung als gesichert extremistische Bestrebung hat konkrete Folgen: Die Verhältnismäßigkeit beim Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel wird anders bewertet.
SPD-Politiker Albrecht Pallas hielt den Schritt für überfällig. «Die wehrhafte Demokratie lässt sich von Demokratiefeinden nicht auf der Nase herumtanzen. Von einer Beobachtung der JA durch den Verfassungsschutz erhoffe ich mir Erkenntnisse, mit denen wir die extrem rechten Umtriebe zurückdrängen können.» Die Entscheidung dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass solche Einstellungen in der AfD weit verbreitet seien.
«Die Entscheidung das Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) erscheint mir nachvollziehbar. Sie kommt spät, stimmt aber überein mit der Einschätzung von Expertinnen und Experten», sagte die Linke- Abgeordnete Kerstin Köditz. «Da die Junge Alternative auch in Sachsen aktiv ist und ihr Arm bis in den Landtag reicht, erwarte ich, dass auch der sächsische Verfassungsschutz seinem gesetzlichen Auftrag entsprechend tätig wird.»
Grünen-Innenpolitiker Valentin Lippmann nannte die Junge Alternative ein «Sammelbecken für Verfassungsfeinde». «Die Entscheidung war daher erwartbar und ist logisch. Sie ist auch ein Fingerzeig, dass zudem die Luft für die Mutterpartei AfD dünn wird, die als nicht minder verfassungsfeindlich einzuschätzen ist.»
«Die JA propagiert ein völkisches Gesellschaftskonzept, das auf biologistischen Grundannahmen beruht», hieß es in der Mitteilung des BfV. Migranten außereuropäischer Herkunft würden von der Jungen Alternative als «grundsätzlich nicht integrierbar» ausgegrenzt. Insbesondere Zuwanderern mit - vermeintlich - muslimischem Hintergrund würden in pauschaler Weise negative Eigenschaften zugesprochen. Der JA gehe es bei der Diffamierung und Verunglimpfung politischer Gegner offensichtlich nicht um eine politische Auseinandersetzung, «sondern um eine generelle Herabwürdigung des demokratischen Systems der Bundesrepublik Deutschland».
Im vergangenen Oktober hatte die JA den AfD-Bundestagsabgeordneten Hannes Gnauck zu ihrem Bundesvorsitzenden gewählt. Er und andere JA-Mitglieder pflegen Kontakte zum Institut für Staatspolitik in Sachsen-Anhalt, dessen bekanntester Vertreter der Verleger Götz Kubitschek ist. Der Verein «Ein Prozent» propagiert nach Einschätzung des Verfassungsschutzes Positionen, die rassistisch, migranten-, fremden- und muslimfeindlich sind. In den vergangenen Jahren sei eine Zunahme verfassungsfeindlicher Äußerungen festgestellt worden.
Die AfD hatte versucht, die Beobachtung der JA und der Gesamtpartei als Verdachtsfall jeweils mit juristischen Mitteln zu verhindern. Beide Klagen scheiterten jedoch vor dem Verwaltungsgericht Köln. Die Partei legte später Berufung gegen die Urteile ein. Das Verfahren am Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht abgeschlossen.
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