AfD bei 34 Prozent - Ramelow: Empörung hilft nicht
Nach der Wahl des ersten Landrats der AfD in Sonneberg Ende Juni hat die Partei in Thüringen in einer Umfrage aktuell einen neuen Höchstwert erzielt. In einer Befragung von Infratest dimap im Auftrag des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) kam die in Thüringen vom Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestufte und beobachtete AfD auf 34 Prozent. Das sind nach MDR-Angaben von Mittwoch neun Prozentpunkte mehr als bei der letzten Umfrage vor etwa einem Jahr. Die Parteien der rot-rot-grünen Minderheitskoalition von Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) erzielten mit zusammen 35 Prozent nur wenig mehr als die AfD allein.
Ramelow warnte davor, das Umfragehoch der AfD als ostdeutsches Phänomen zu stigmatisieren. «In vielen Bundesländern gibt es eine ähnliche Tendenz, in West und Ost», sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Erfurt.
Die CDU lag bei der Umfrage mit 21 Prozent (minus 1 Prozentpunkt) auf dem zweiten Platz - knapp vor Ramelows Linke, für die 20 Prozent der Befragten (minus 2) stimmen würden. Auch die anderen Landtagsparteien verloren im Vergleich zur letzten Umfrage. Die SPD kam aktuell auf zehn Prozent (minus 1). Die Grünen würden mit fünf Prozent (minus 2) knapp den Einzug in den Landtag schaffen. Die FDP wäre mit vier Prozent (minus 1) nicht mehr im Parlament in Erfurt vertreten.
Die Regierungsbildung wäre bei einem solchen Wahlergebnis schwierig: Weder Rot-Rot-Grün noch eine andere derzeit in Deutschland praktizierte Koalition hätten eine Mehrheit. Die nächste reguläre Landtagswahl in Thüringen ist 2024 - dafür ist der 1. September im Gespräch.
Empörung und Alarmismus würden wenig helfen - «das führt nicht dazu, zu reflektieren, was gesellschaftlich falsch läuft», sagte Thüringens Regierungschef. Die Thüringer AfD zeigt nach Auffassung von Ramelow, «wie sich die AfD zu einer modernen faschistischen Partei wandelt».
Ihr Umfragewert sollte Anlass sein, über Ängste und Anzeichen einer permanenten Überforderung vieler Menschen - beginnend mit der Corona-Pandemie - nachzudenken, sagte Ramelow. Das gelte auch für Fehler «wie wir politisch kommunizieren». Dafür sei die Debatte über das Heizungsgesetz der Bundesregierung nur ein Beispiel.
Ramelow sieht den AfD-Wert auch als mögliche Folge der öffentlichen Darstellung der Landratswahl im südthüringischen Sonneberg. Er räumte aber auch Fehler seiner rot-rot-grünen Koalition in den vergangenen Monaten ein. Die Umfrage ergab, dass die Zufriedenheit mit der Landesregierung derzeit bei 37 Prozent liegt - dem schlechtesten von Infratest dimap bisher für die Thüringer Regierungskoalition ermittelten Wert. «Ich nehme diesen Wert persönlich sehr ernst und werde das auch in der Koalition besprechen in den nächsten Tagen.»
Es müsste künftig schneller umgesetzt werden, was beschlossen sei. Viel zu schleppend sei das bei der Zusage erfolgt, dass das Land die Kosten für Flüchtlingsunterkünfte übernimmt, die die Kommunen vorhalten.
Die Liste der beliebtesten Politiker wird bei der Umfrage weiter von Ramelow angeführt. Mit der Arbeit des bundesweit einzigen linken Regierungschefs sind 51 Prozent der Befragten zufrieden - zwei Prozentpunkte weniger als vor einem Jahr. Mit deutlichem Abstand folgt FDP-Landeschef Thomas Kemmerich mit 21 Prozent Zustimmung (plus 2) auf dem zweiten Platz. Knapp dahinter liegt der AfD-Landesvorsitzende Björn Höcke mit 19 Prozent (plus 3).
Gefragt nach einer künftigen Regierungskoalition sprachen sich 31 Prozent für ein Bündnis von AfD und CDU aus. 78 Prozent der AfD-Anhänger sind für eine solche Koalition - und 13 Prozent der CDU-Anhänger. Jeweils 27 Prozent der Befragten wären für eine Neuauflage von Rot-Rot-Grün oder eine Koalition aus CDU, SPD und FDP. 26 Prozent befürworten ein Bündnis von Linke und CDU, 21 Prozent eine Koalition aus CDU, SPD und Grünen und 13 Prozent ein Viererbündnis aus CDU, SPD, Grünen und FDP.
Bei der Landtagswahl 2019 hatte die Linke 31 Prozent erreicht, dahinter lag die AfD mit 23,4 Prozent. Die CDU kam auf 21,7 Prozent, die SPD auf 8,2 Prozent, die Grünen auf 5,2 und die FDP auf 5,0. Ramelow führt eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung.
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