Ein Mikrofon steht im Landgericht für Zeugenaussagen auf einem Tisch., © Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild
  • Nachrichten

Abgefackelte Polizeiautos in Erfurt: Lange Haftstrafe

26.10.2022

Im Prozess wegen Brandstiftung im Zusammenhang mit 15 zerstörten Polizeiautos vor rund acht Jahren ist der Angeklagte am Mittwoch zu insgesamt sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das Gericht sah es trotz «irritierender Widersprüche» in den Schilderungen des geständigen Angeklagten als erwiesen an, dass der 30-Jährige sich der Brandstiftung strafbar gemacht hatte, sagte der Vorsitzende Richter am Mittwoch bei der Urteilsverkündung in Erfurt. Das Strafmaß setzt sich mit einer Vorverurteilung von fünf Jahren und sechs Monaten Haft aus einer vorherigen Tat zusammen.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten zum Prozessauftakt gemeinschaftliche Brandstiftung mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter vor. Er soll im September 2013 in einem Erfurter Autohaus 15 nagelneue und noch nicht ausgelieferte Polizeiautos in Brand gesteckt haben. Zwei weitere für die Polizei bestimmte Autos wurden beschädigt. Der Brand mit einem Gesamtschaden von 750.000 Euro hatte im September 2013 für große Aufregung bei der Polizei und in der Politik gesorgt. Lange Zeit wurde erfolglos nach Tätern gefahndet.

Doch in der Justizvollzugsanstalt Tonna, wo der Angeklagte unter anderem wegen des Anzündens von Müllcontainern und Lastwagen einsitzt, hatte er dann einem Zellengenossen von seiner Tat 2013 erzählt, «damit geprahlt», wie der Richter sagte. Nach der Meldung des Zellengenossen, der auch als Zeuge in dem Prozess aussagte, untersuchte die Polizei den Fall. «Die Ermittlungen waren eigentlich im Sande verlaufen», sagte der Vorsitzende Richter bei der Urteilsverkündung an den 30-Jährigen gewandt. «Ohne ihr Geständnis wären wir hier nicht zu einer Strafe gekommen.»

Ob er die Wagen, wie die Staatsanwaltschaft ihm vorwarf, mit einem Mittäter ansteckte, hätte im Laufe des Prozesses nicht final geklärt werden können, hieß es. Auch die Motivation des Angeklagten sei weiter «nicht so ganz klar». Der Angeklagte hatte zu Prozessbeginn angegeben, er habe einer Frau imponieren wollen. Es handle sich nicht - wie teilweise in den Jahren seit der Tat spekuliert - um eine politische Tat. «Auf jeden Fall wollten sie jemanden beeindrucken. Entweder ihre Freundin oder Gesinnungsgenossen», sagte der Richter.

Die Tat sei «ganz erheblich» und verlange eigentlich nach einer hohen Haftstrafe. Doch die Dauer des Prozesses, das Geständnis wie auch die mitgebrachte Haftstrafe hätten im Sinne des Angeklagten Einfluss auf die Höhe der Strafe gehabt. «Ich kann ihnen nur empfehlen, dass sie sich professionelle Hilfe suchen», sagte der Richter abschließend. Mit seiner Historie drohe ihm ein «großes Problem», sollte er noch einmal bei vergleichbaren Taten mit gleichwertigem Schaden auffällig werden.

Vor der Urteilsverkündung hatten Staatsanwaltschaft und Verteidigung sich für eine Haftstrafe von insgesamt siebeneinhalb beziehungsweise sechseinhalb Jahren ausgesprochen. Der Anwalt des Angeklagten informierte das Gericht nach dem Urteilsspruch, dass sein Mandant keine Rechtsmittel nutzen wolle. Die Staatsanwaltschaft ließ ihre Entscheidung noch offen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

© dpa-infocom, dpa:221025-99-259369/4

Teilen: