Ein Teilnehmer einer Corona-Demo trägt eine Armbinde mit einem Stern, der an den sogenannten Judenstern erinnern soll., © Christophe Gateau/dpa/Symbolbild
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Wenige Verfahren wegen Holocaust-Relativierungen

07.10.2022

Polizei und Justiz in Thüringen haben sich in den vergangenen Monaten in einigen Fällen mit Menschen auseinandergesetzt, die im Zuge der Anti-Corona-Proteste sogenannte Judensterne getragen haben sollen. Landesweit seien dazu in vier Fällen Ermittlungen geführt worden, heißt es in einer Antwort des Thüringer Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Linken-Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss.

Zweimal soll die Kennzeichnung von Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen in Erfurt gezeigt worden sein, zudem je einmal in Gotha und Saalfeld. In einem Fall wurde das Verfahren den Angaben nach eingestellt, in einem anderen Fall Anklage erhoben. In einem weiteren Fall dauern die Ermittlungen an und im vierten Fall wurde Antrag auf Erlass eines Haftbefehls gestellt. Der sogenannte Judenstern wurde Jüdinnen und Juden als antisemitische Kennzeichnung während der NS-Herrschaft aufgezwungen.

Während der Corona-Proteste im vergangenen Herbst und Winter hatten sich manche Corona-Leugner und Impfgegner die Kennzeichnung mit der Aufschrift «ungeimpft» an ihre Kleidung geheftet. Damit brachten sie zum Ausdruck, dass sie sich wegen der coronabedingten Einschränkungen ähnlich verfolgt fühlten wie Jüdinnen und Juden während der NS-Zeit. Das Tragen des Symbols auf Corona-Protesten kann als Holocaust-Relativierung verstanden werden.

Das Thüringer Innenministerium konnte am Freitag auf Anfrage zunächst nicht erklären, warum nicht in mehr Fällen Verfahren geführt worden sind. König-Preuss sagte, nach ihren Beobachtungen habe es deutlich mehr als vier Fälle gegeben, in denen Menschen auf Demonstrationen die Zeichen getragen hätten. «Das bildet nicht die Realität ab», sagte sie. Es genüge schon, sich Videos in sozialen Netzwerken von diesen Demonstrationen anschauen, um das zu erkennen. Ein Grund für die wenigen Verfahren sei, dass Polizisten oft nicht hätten einschreiten können, weil sie den Demonstranten zahlenmäßig weit unterlegen gewesen seien.

Im Dezember 2021 waren die Dienststellen der Thüringer Polizei vom Innenministerium und die Landespolizeidirektion gebeten worden, Anzeigen gegen die Träger solcher Symbole zu erstatten, damit diese Fälle die Staatsanwaltschaften erreichen.

© dpa-infocom, dpa:221007-99-37642/3

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