Georg Maier (SPD), Innenminister von Thüringen, spricht ins Mikrofon., © Bodo Schackow/dpa/Archiv
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Thüringen verliert 2021 Einwohnerzahl einer Kleinstadt

14.11.2022

Thüringens Bevölkerung ist im vergangenen Jahr trotz Zuwanderung weiter gesunken. Die Einwohnerzahl sei um etwa 12 000 auf rund 2,11 Millionen Menschen zurückgegangen, sagte Innenminister Georg Maier (SPD) am Montag bei der Vorlage des Statistischen Jahrbuches in Erfurt. «Das ist so, als wenn wir jährlich eine typische Thüringer Kleinstadt verlieren.» Grund für den Rückgang sei die nach wie vor zu geringe Zahl der Geburten im Verhältnis zu den Todesfällen.

Nach den Daten, die der Präsident des Landesamtes, Holger Poppenhäger, vorlegte, wurden 2021 im Durchschnitt täglich in Thüringen 42 Babys geboren - 95 Menschen starben pro Tag. Insgesamt sei die Zahl der Menschen, die nach Thüringen zogen, um 7500 höher gewesen als die der Fortzüge.

Die Probleme durch die demografische Entwicklung - die Thüringer werden weniger und der Altersdurchschnitt der Bevölkerung steigt - seien in den vergangenen Jahren durch die Corona-Krise und jetzt durch die Energiekrise überschattet worden, sagte Maier. Strategien, um mit der demografischen Veränderung umzugehen und Thüringen für andere Menschen attraktiver zu machen, seien jedoch das große Zukunftsthema im Freistaat.

Sie weiter zu entwickeln, sei Aufgabe des gesamten Kabinetts, aber auch des Landtags, betonte der Minister. Positiv seien unter anderem die guten Angebote bei Kinderbetreuung und Bildung, aber auch die Chance für junge Familien, noch Wohneigentum erwerben zu können, aber auch Thüringens Natur und der hohe Freizeitwert unter anderem durch den Thüringer Wald.

Problematisch sei Thüringens zweifelhafter Ruf durch starke rechtsextreme Tendenzen. Eine These aus der Vergangenheit, dass rechtsextreme Strömungen an Einfluss verlieren, wenn die Arbeitslosigkeit sinke, hätten sich nicht bewahrheitet.

«Wir müssen uns um die wirklichen Probleme kümmern, Gendern gehört meiner Meinung nach nicht dazu», sagte der SPD-Politiker in Anspielung auf einen Landtagsbeschluss in der vergangenen Woche, wonach Thüringer Behörden die Gendersprache im offiziellen Verkehr nicht nutzen sollen. Maier warb zudem für weitere Gemeindefusionen, um die Kommunalverwaltungen leistungsfähig zu halten.

Ob es bei der Bevölkerungsentwicklung einen Kipppunkt gebe, wo der Schwund dramatisch zunehme, sei derzeit noch nicht ausgemacht, so der Minister. Poppenhäger nannte die Jahre 2029 und 2030, in denen es voraussichtlich nochmals weniger Geburten gibt. Wie dramatisch der Bevölkerungsrückgang ausfalle, hänge letztlich auch von der Zuwanderung ab.

Im ersten Halbjahr dieses Jahres habe es erstmals seit drei Jahrzehnten keinen Bevölkerungsrückgang in Thüringen gegeben, sondern ein leichtes Wachstum um 0,6 Prozent, so der Präsident des Landesamtes. Grund sei ein Wanderungsgewinn von rund 22 400 Menschen - vor allem durch die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Wie viele von ihnen dauerhaft in Thüringen blieben, hänge von vielen Faktoren ab.

Maier sagte, voraussichtlich bereits im kommenden Jahr könnte die Marke von 2,1 Millionen Einwohnern in Thüringen unterschritten werden. Nach der Einwohnervorausberechnung des Landesamtes wird die Zahl der Thüringer in knapp zwei Jahrzehnten nur noch bei etwa 1,9 Millionen Menschen liegen.

© dpa-infocom, dpa:221114-99-512763/7

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