Sperrzone: Grenzgebiet vor 70 Jahren abgeriegelt
70 Jahre nach der Abriegelung von an der innerdeutschen Grenze gelegenen DDR-Orten will Thüringen 2022 an die damaligen Ereignisse und die dramatischen Folgen für Tausende Menschen erinnern. «Es ist wichtig, dieses Datum im kollektiven Gedächtnis zu behalten», sagte Thüringens Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Peter Wurschi, der Deutschen Presse-Agentur. Die Menschen in Thüringen seien von der frühen Grenzabriegelung viel stärker betroffen gewesen als vom Bau der Berliner Mauer 1961 - auch wenn die Bilder vom Mauerbau sehr viel symbolträchtiger gewesen seien.
Bereits im Frühsommer 1952 hatten die DDR-Sicherheitsorgane entlang der Grenze zu Westdeutschland einen 500 Meter breiten «Schutzstreifen» und ein fünf Kilometer breites Sperrgebiet eingerichtet. Es war für nicht ständig dort lebende Menschen kaum zugänglich. «Der kleine Grenzverkehr war damit schon 1952 vorbei, und wer in der Sperrzone wohnte, durfte nur noch mit Passierschein rein», erläuterte Wurschi. Thüringen war so für 37 Jahre auf etwa 760 Kilometer Länge von Niedersachsen, Hessen und Bayern getrennt.
Unmittelbar nach der Abriegelung und nochmals nach dem Mauerbau wurden Tausende von der DDR-Staatsführung als «politisch unzuverlässig» eingeschätzte Menschen aus dem Grenzgebiet zwangsweise ins Landesinnere umgesiedelt. Sie verloren ihre Wohnhäuser, Grundstücke, Betriebe und sonstiges Hab und Gut. Die zynischen Namen der DDR-Oberen für die Aktionen lauteten «Aktion Ungeziefer», «Aktion Kornblume» oder «Aktion Blümchen». Wurschi zufolge waren 237 Orte in Thüringen von Zwangsaussiedlungen betroffen.
Für die Grenzmuseen ist das Thema 2022 ein Schwerpunkt. Im Museum Schifflersgrund an der thüringisch-hessischen Landesgrenze etwa soll im Zuge der derzeit laufenden Umgestaltung ein Grenzwanderweg errichtet werden, der nach Angaben von Museumsleiter Christian Stöber an die Abriegelung erinnert. Im Schifflersgrund ist nach Museumsangaben das längste Teilstück der einstigen deutsch-deutschen Grenze mit Zaun, Kolonnenweg und Beobachtungsturm erhalten. Zu sehen ist auch der Todesort von Heinz-Josef Große, der beim Fluchtversuch am 29. März 1982 von zwei DDR-Grenzsoldaten erschossen wurde.
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