Sahra Wagenknecht will ihre eigene Partei gründen, © Wolfgang Kumm / dpa
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Sahra Wagenknecht will ihre eigene Partei gründen

10.09.2023

Wird Sahra Wagenknecht es wagen und ihre eigene Partei gründen? Laut Umfragen (INSA) ist Sahra Wagenknecht die beliebteste Politikerin der Deutschen und käme bundesweit aus dem Stand auf 15 Prozent. Nutzt Wagenknecht ihre Chance? 

Nicht nur in der Linken, in ganz Deutschland, warten viele auf eine Entscheidung: Macht ihre bekannteste Politikerin Ernst mit einem Konkurrenzprojekt? Versetzt sie ihrer eigenen Linken den Todesstoß? 

Beschlossen?! Sahra Wagenknecht gründet eigene Partei!

Laut BILD-Informationen steht jetzt fest: Die Wagenknecht-Partei kommt! 

Sahra Wagenknecht selbst bekräftigt nur ihren eigenen Zeitplan. Die Linken-Politikerin  lässt offiziell weiter offen, ob sie eine neue Partei gründet. «Bis Ende des Jahres fällt die Entscheidung», sagte die Bundestagsabgeordnete der «Bild»-Zeitung (online). Das Blatt berichtete unter Berufung auf anonyme Vertraute die Gründung sei bereits beschlossen - es werde nach dem 8. Oktober, dem Wahltag in Bayern und Hessen, eine neue Partei geben.

Doch Wagenknecht sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Das ist die Meinung der «Bild»-Zeitung. Es bleibt dabei: Wir werden über die Parteigründung bis spätestens Ende des Jahres entscheiden.» Auch mehrere Vertraute aus ihrem Umfeld sagten am Wochenende einhellig, es gebe keinen neuen Stand. Sobald die Entscheidung gefallen sei, werde sie öffentlich gemacht.

Die frühere Chefin der Linken-Bundestagsfraktion liebäugelt seit Monaten mit der Gründung einer Konkurrenzpartei zur Linken. Mit ihrer Partei und den Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan hat sie sich in einem Richtungsstreit entzweit. Der Linken wirft sie vor, sich von den Interessen ihrer Kernklientel der Geringverdiener und einfachen Menschen entfernt zu haben.

Dem «Tagesspiegel» sagte Wagenknecht: «Viele fühlen sich von keiner Partei mehr vertreten und wählen aus Verzweiflung AfD. Ich fände es gut, wenn diese Menschen wieder eine seriöse Adresse hätten.» Eine Parteigründung sei aber «eine wahnsinnige Kraftanstrengung», darüber könne nicht eine einzelne Person entscheiden. Ihr 2018 gestartetes Projekt «Aufstehen» sei nicht gut vorbereitet gewesen und trotz großer Resonanz nach kurzer Zeit zusammengebrochen.

Das kommt auf uns zu 

In den vergangenen Tagen hatte  sich Wagenknecht mehrfach mit eigenen Positionen zu Wort gemeldet und zum Beispiel die deutschen Milliardenhilfen für die Ukraine und das Gebäudeenergiegesetz attackiert. Beides kritisierte sie als Belastung für die Bürger.

«Viele Menschen wünschen sich notwendige Veränderungen, wollen aber nicht, dass alles auf den Kopf gestellt wird», erläuterte Wagenknecht im «Tagesspiegel». «Sie wollen an ihren Werten und ihrer Kultur festhalten.» Dabei nannte sie Anstand, Ehrlichkeit, Mitmenschlichkeit, Wertschätzung von Fleiß, kein Ausnutzen staatlicher Leistungen. «Das gilt alles als konservativ, aber wenn solche Werte bröckeln, funktioniert eine Gesellschaft nicht mehr.»

Wagenknecht machte deutlich, dass sie sich selbst weiter als linke Politikerin versteht - was Teile ihrer Partei bestreiten. Sie setze sich für jene ein, «die nicht aus wohlhabenden Familien kommen, für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen». Sie erneuerte ihre Kritik an «urbanen Besserverdienern» mit Wärmepumpe, Bio-Einkauf und Elektro-Zweitauto. «Wenn aber aus diesem Milieu auf Menschen herabgesehen wird, die sich das alles nicht leisten können und ihr Schnitzel bei Aldi kaufen, hat das mit einer linken Perspektive nichts zu tun.»

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch hielt dagegen: «Ich werde darum kämpfen, dass die Linke eine einflussreiche Partei bleibt und wieder auf die Erfolgsspur kommt. Landesregierungen mit der Linken, Oberbürgermeister, Bürgermeister, Landräte werden selbstverständlich stabil bei uns bleiben», sagte er der Düsseldorfer «Rheinischen Post» und dem Bonner «General-Anzeiger» (Montag). «Wir werden unsere Hausaufgaben machen müssen und die soziale Opposition für die Menschen sein, weil viele unter der Ampelpolitik leiden.»

In Thüringen ist Wagenknecht beliebt

Eine eigene Partei der bisherigen Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht könnte in Thüringen einer Umfrage zufolge viel Zuspruch bekommen und sogar stärkste Kraft werden. Mit 25 Prozent läge eine Wagenknecht-Partei nach einer Insa-Umfrage aktuell im Freistaat vorn, wie die Thüringer Zeitungen der Funke Mediengruppe am Donnerstag berichteten.

Eine solche Partei würde die von Björn Höcke geführte Thüringer AfD auf den zweiten Platz verweisen, sie käme nur noch auf 22 Prozent. In jüngsten Umfragen, noch ohne Abfrage des Zuspruchs für eine Wagenknecht-Partei, war die AfD in dem Bundesland zuletzt auf Platz eins gewesen, teils mit Werten über der 30-Prozent-Marke.

Die Linke, der Wagenknecht derzeit noch angehört, käme in Thüringen der Insa-Erhebung nach nur noch auf 18 Prozent, sollte die prominente Politikerin mit einer eigenen Partei bei der Landtagswahl im kommenden Jahr mitmischen.

Doch auch die CDU würde an Zuspruch einbüßen und käme auf nur noch 16 Prozent. Die SPD bliebe dagegen mit 9 Prozent relativ stabil. Auch bei den Grünen würde sich mit einem Wert von 5 Prozent nicht viel verändern. Die FDP würde mit 3 Prozent den Einzug ins Parlament nicht mehr schaffen.

Das sagen die Parteien

AfD-Co-Chef Stefan Möller räumte gegenüber der «Thüringer Allgemeinen» ein, dass eine Wagenknecht-Partei die AfD wohl Stimmen kosten würde. «Das würde uns mit betreffen», sagte er der Zeitung. «Ich glaube aber nicht an einen wirklichen Einbruch.» Zugleich begrüßte er aber jede neue Konkurrenz. «Das bringt das System in Bewegung.» Außerdem gäbe es damit für die AfD «eine Option mehr». «Wenn ich mir Wagenknechts Positionen anschaue, dann scheint mir eine Partnerschaft mit ihr am wahrscheinlichsten.»

Thüringens Linke-Chefin Ulrike Grosse-Röthig sieht dagegen keine größeren Auswirkungen für die Linke in Thüringen. «Das ginge eher zu Lasten der AfD», sagt sie der «Thüringer Allgemeinen». «Mit jedem Tag, der vergeht, wird eine Neugründung unwahrscheinlicher.»

Ohne die Wagenknecht-Partei würde die AfD in Thüringen derzeit die meisten Stimmen bekommen: Der Umfrage zufolge käme sie auf 32 Prozent. Die Linke käme auf 22 Prozent. Die CDU stünde bei 20 Prozent und die SPD bei 10 Prozent. Grüne (5 Prozent) und FDP (4 Prozent) müssten um den Wiedereinzug in den Landtag bangen.

Damit wäre in er aktuellen Konstellation weiterhin in Thüringen keine Mehrheit ohne Beteiligung von Linken oder AfD erreichbar. Eine Regierungsbildung wäre bei einem solchen Wahlergebnis wohl erneut extrem schwierig. Derzeit führt Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) eine Minderheitsregierung aus Linke, SPD und Grünen. Die Koalition ist im Parlament in der Regel auf Stimmen aus der Opposition angewiesen, um Gesetze zu verabschieden. Im Herbst 2024 soll es in Thüringen regulär eine Landtagswahl geben.

© dpa / ANTENNE THÜRINGEN Redaktion

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