Bodo Ramelow (Die Linke), Ministerpräsident von Thüringen., © Martin Schutt/dpa
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Politiker sehen Licht und Schatten beim Entlastungspaket

04.09.2022

Die Bundesregierung hat mit den jetzt beschlossenen Entlastungsschritten aus Sicht von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow Fehler der ersten Pakete korrigiert. «Es gibt Richtiges und Überfälliges», sagte der Linke-Politiker am Sonntag auf dpa-Anfrage in Erfurt. Ramelow sieht in dem dritten Entlastungspaket auch eine Reaktion auf den öffentlichen Druck.

Positiv bewertete der Regierungschef die jetzt vorgesehenen Entlastungen für Rentnerinnen und Rentner sowie eine geplante Strompreisreform. «Unterm Strich erfüllt das dritte Entlastungspaket die Erwartungen nicht ausreichend», schränkte Ramelow ein. Ähnlich äußerten sich auch andere Landespolitiker.

Als «dringend nötig und überfällig» bewertete Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) die angekündigte Strommarktregulierung. Ungerechtfertigten Gewinnen spekulativer Preistreiberei müsste schnell ein Riegel vorgeschoben werden. Kern müsste eine Entkopplung der Strom- von den Gaspreisen sein.

Tiefensee sagte, Strom und Gas seien das kritische Thema des kommenden Winters. «Ich gehe davon aus, dass die für den Mittelstand vereinbarten Maßnahmen schnell konkretisiert und umgesetzt werden.» Auch der Bäckermeister, der mittelständische Autozulieferer oder der Pensionsbetreiber müssten erhebliche Unterstützung erhalten.

Energieministerin Anja Siegesmund (Grüne) erwartet, dass das Entlastungspaket hilft, die Härten der Energiekrise für die Bürgerinnen und Bürger zu dämpfen und Unternehmen zu entlasten. Bürgergeld, Wohngeldreform, steigender Heizkostenzuschuss und Erhöhung des Kindergeldes wiesen in die richtige Richtung.

Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Landtag, Mario Voigt, äußerte, das Paket komme spät und sei zu vage. «Es fehlt die Entlastung für die normal arbeitende Bevölkerung und für den Mittelstand.» Nötig seien eine Grundwärmegarantie und eine Ausweitung der Energieproduktion.

Der Sprecher der FDP-Gruppe im Landtag, Thomas Kemmerich, monierte, die Strompreisgrenze sei sehr schwammig formuliert, eine Gaspreisbremse fehle ganz. Es fehlten konkrete Entlastungen für die Mittelschicht.

Solange die Schuldenbremse für Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) höher wiege als sozialer Frieden im Land, würden andere europäische Länder mit geringerer Wirtschaftskraft als Deutschland größere Entlastungsschritte gehen, sagte Ramelow.

Der deutsche Staat profitiere durch höhere Steuereinnahmen stark von der Inflation und noch negativen Realzinsen. «Dieses Geld muss eingesetzt werden, um zu verhindern, dass vor allem Menschen mit geringem Einkommen dauerhaft an Kaufkraft und Lebensstandard verlieren», verlangte Thüringens Regierungschef.

Die Ampel-Koalition von Kanzler Olaf Scholz (SPD) will nach einer Entscheidung von Sonntag die Menschen in Höhe von mehr als 65 Milliarden Euro entlasten. Die ersten beiden Entlastungspakete hatten zusammen einen Umfang von 30 Milliarden Euro. Scholz kündigte an, dass übermäßige Gewinne am Strommarkt abgeschöpft werden sollen.

Beschlossen wurde unter anderem, dass Rentnerinnen und Rentner zum 1. Dezember eine einmalige Energiepreispauschale von 300 Euro erhalten, Studierende und Auszubildende von 200 Euro. Zudem soll für einen gewissen Basisverbrauch künftig ein vergünstigter Preis gelten. Ferner soll es ein neues bundesweit gültiges Nahverkehrsticket mit einer Preisspanne zwischen 49 und 69 Euro im Monat geben. Die Länder müssen der Finanzierung noch zustimmen.

© dpa-infocom, dpa:220904-99-627606/4

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