Mehrere Ehrengäste und Volker Wissing (5.v.l., FDP) schneiden zur Eröffnung ein Band durch., © Patrick Pleul/dpa
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«Meisterwerk der Baukunst»: Schiffshebewerk kann loslegen

04.10.2022

Mit dem neuen Schiffshebewerk in Niederfinow im Nordosten Brandenburgs soll künftig der Gütertransport auf dem Wasser einen Schub bekommen. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) gab die 520 Millionen Euro teure Anlage am Dienstag nach rund 14 Jahren Bauzeit frei. «Damit führen wir die Binnenschifffahrt in die Zukunft», sagte er. Das Binnenschiff sei besonders klimafreundlich und könne sehr viele Lkw-Fahrten ersetzen. «Wir brauchen eine Stärkung der Binnenwasserstraßen.»

Im Schiffshebewerk fuhr Wissing auch ein Stück auf einem Eisbrecher mit, ein Band über dem Wasser wurde durchgeschnitten. Dank der neuen Anlage - 55 Meter hoch, 46 Meter breit und 133 Meter lang - können künftig größere Güterschiffe als bisher die Oder-Havel-Wasserstraße befahren. Wichtig ist die Verbindung für den Gütertransport von Berlin bis zur Ostsee. Neben Getreide und Kraftstoffen können große Bauteile wie etwa Turbinen und Rotoren für Windkraftanlagen per Schiff transportiert werden.

Verkehrsminister Wissing bezeichnete das Schiffshebewerk als «Meisterwerk der Ingenieurbaukunst». Es sei auch ein echter Hingucker und ein Publikumsmagnet. Zahlreiche Zuschauer verfolgten am Dienstag von Zufahrtswegen aus die Inbetriebnahme.

Mit dem Hebewerk überwinden die Schiffe in einem riesigen Trog - also wie in einer Art Badewanne - einen Höhenunterschied von 36 Metern. Dieser Trog wiegt mit Wasserfüllung fast 10.000 Tonnen. Wissing machte einen bildhaften Vergleich: Das Gewicht der Hebewanne entspreche «etwa dem Gewicht von 50 ausgewachsenen Blauwalen oder 1600 Elefanten».

Das neue Schiffshebewerk im Kreis Barnim wurde etwa acht Jahre später fertig als ursprünglich vorgesehen. Auch die Kosten stiegen beträchtlich auf 520 Millionen Euro. Neben der gewaltigen Anlage wird vorerst auch noch das fast 90 Jahre alte und kleinere Schiffshebewerk weiter betrieben. Wissing sagte, Planungsverfahren dauerten noch zu lange in Deutschland und sollten beschleunigt werden.

Der Minister kündigte an, den Anteil der Binnenschifffahrt am gesamten Güterverkehr erhöhen zu wollen. Das sei ein Beitrag zu mehr Klimaschutz, und das Potenzial der Binnenwasserstraßen werde bei weitem noch nicht genug genutzt. Die Schiffe sollten künftig auch klimafreundlicher angetrieben und der Ausstoß an Schadstoffen verringert werden. Als ein Beispiel nannte Wissing ein emissionsfreies Schubboot mit dem Namen «Elektra», dessen kommerzieller Betrieb ab dem Jahr 2025 erfolgen solle.

Der Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, Hans-Heinrich Witte, sagte, das Land Brandenburg und die Region profitierten von dem neuen Schiffshebewerk. Auch Brandenburgs Verkehrsminister Guido Beermann (CDU) nannte hier beispielsweise den Wirtschaftsstandort Schwedt an der Oder. Zudem sagte er, Brandenburg sei vom wachsenden Transitverkehr auf der West-Ost-Achse besonders betroffen. Die Binnenwasserstraße sei der einzige Verkehrsweg, auf dem noch Kapazitäten frei seien.

Nach Zahlen der Statistik-Behörde ging der Güterverkehr auf brandenburgischen Binnenwasserstraßen im ersten Halbjahr dieses Jahres um fast elf Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück. Die Menge sank demnach um 111.700 Tonnen auf 937.400 Tonnen. Vor allem bei Erzeugnissen der Land- und Forstwirtschaft sowie Metallen gab es Rückgänge von 30 Prozent und mehr. Dagegen wurde per Schiff von Januar bis Juni dieses Jahres unter anderem mehr Kohle transportiert. Hier hatte das Landesamt für Statistik eine Verdoppelung der Menge genannt.

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